BVerwG zur Verjährung des Ausgleichsanspruchs wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit

16.06.2020

BVerwG, Urteil vom 16.06.2020, Az. 2 C 20.19. Schlagworte: Arbeitszeit, Anspruchgeltendmachung, Widerspruchverfahren, Verjährung.
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Leitsätze: 

  1. Der Beginn der Verjährung setzt nach § 199 Abs. 1 BGB nicht voraus, dass im Hinblick auf den geltend zu machenden Anspruch sämtliche Rechtsfragen durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt sind. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist die Zumutbarkeit der Erhebung der Klage. Zumutbar ist die Klage, wenn sie erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist.
  1. Besteht für den Dienstherrn keine Veranlassung, von sich aus ohne Antrag des betroffenen Beamten über eine Leistung - hier Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit - zu entscheiden, muss der Beamte das Verwaltungsverfahren erst durch einen beim Dienstherrn zu stellenden Antrag in Gang setzen. Gegen die ablehnende Entscheidung des Dienstherrn muss der Beamte gemäß § 54 Abs. 2 BeamtStG - sofern nicht gesetzlich ausgeschlossen - das Vorverfahren durchführen, das mit der Erhebung des Widerspruchs beginnt und mit dem Widerspruchsbescheid endet. Eine Wahl zwischen Antrag und Widerspruch steht dem Beamten in diesem Fall nicht zu (Aufgabe von BVerwG, Urteile vom 28. Juni 2001 - 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 <354 ff.> und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 22 ff. und Rückkehr zu BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 - 2 C 38.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 31 ff.).

Kurzbewertung: Das Urteil schwächt die Position der Beamtinnen und Beamten gegenüber dem Dienstherren, denn ein Zuwarten bis höchstrichterliche Rechtsprechung im Einzelfall Klarheit über eine Fragestellung bringt, schützt nicht vor der Einrede der Verjährung nach § 199 BGB. Hierzu müsste der Beamte auch die Rechtsprechung der ersten Instanzen stets im Blick behalten (ja bereits vorher in eigene Rechtsüberlegungen einsteigen), was aus unserer Sicht völlig unzumutbar ist. 

 

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