BVerwG zur Unzulässigkeit einer Anlassbeurteilung bei einem System von Regelbeurteilungssystemen
02.07.2020
Leitsatz: § 21 und 22 BBG geben für Bundesbeamte ein System von Regelbeurteilungen vor. Eine Anlassbeurteilung kommt wegen dieser Vorgabe in Betracht, wenn sich der Tätigkeitsbereich gerade des zu beurteilenden Beamten in erheblicher Weise geändert hat. Dies setzt bei einem dreijährigen Rhythmus der Regelbeurteilungen eine Änderung für die Dauer von mindestens zwei Jahren und inhaltlich die Wahrnehmung von Aufgaben eines anderen Statusamtes voraus (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35 Rn. 39 ff.).
RN11: „Regelbeurteilungen beziehen sich auf einen grundsätzlich identischen Beurteilungszeitraum, haben einen gemeinsamen Stichtag und sind nicht durch ein besonderes Ereignis - insbesondere die Ausschreibung eines höherwertigen Statusamtes oder eines förderlich zu besetzenden Dienstpostens - veranlasst. Diese Einheitlichkeit gewährleistet, dass die dienstliche Beurteilung für sämtliche Beamte die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern gleichmäßig erfasst und sie auch in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten Auswahlentscheidung bewertet (BVerwG, Urteile vom 7. Juni 1984 - 2 C 54.82 - Buchholz 238.5 § 26 DRiG Nr. 2 S. 13, vom 26. September 2012 - 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 10 und vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35 Rn. 41). Demgegenüber begegnen Anlassbeurteilungen grundsätzlich Bedenken, weil sie gerade im Hinblick auf eine anstehende Auswahlentscheidung erstellt werden und damit der Verdacht entstehen kann, sie dienten - zielgerichtet - lediglich der Durchsetzung von vorgefassten, Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügenden Personalentscheidungen. Ohnehin ist die Aussagekraft einer ausnahmsweise zulässigen Anlassbeurteilung begrenzt. Da sie einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilung abbildet, muss die Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung entwickelt werden und darf diese lediglich fortentwickeln. Je kürzer der betrachtete Zeitraum seit der letzten Regelbeurteilung und je größer der einem Bewerber nunmehr attestierte Bewertungsunterschied ausfällt, desto mehr trifft den Beurteiler die Pflicht, einen solchen Leistungssprung oder -abfall zu begründen und ggf. zu plausibilisieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 30 und Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35 Rn. 41).“
Auszug RN12: „Eine solche Anlassbeurteilung kommt für den betroffenen Beamten dann in Betracht, wenn dieser nach dem Stichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat. Beurteilt der Verwaltungsbereich, wie hier, die Beamten entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG alle drei Jahre, so führt eine anderweitige Tätigkeit nur dann zu einer zusätzlichen Beurteilung, wenn sie während einer Dauer von mindestens zwei Jahren ausgeübt worden ist. Die anderweitige Tätigkeit ist nur von Bedeutung, wenn der Beamte Aufgaben wahrnimmt, die einem anderen - höherwertigen oder einer anderen Laufbahn zugehörigen - Statusamt zuzuordnen sind. Muss für einen Bewerber eines Auswahlverfahrens nach diesen Grundsätzen wegen einer veränderten Tätigkeit während eines erheblichen Zeitraums eine Anlassbeurteilung erstellt werden, so hat dies nicht zur Folge, dass für Mitbewerber, bei denen keine relevante Veränderung eingetreten ist, ebenfalls Anlassbeurteilungen zu erstellen sind (BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35 Rn. 57 ff.).“
Anmerkung: Mit Blick auf den Regelbeurteilungszeitraum des Polizeivollzugs in BW von 2 Jahren, dürften Anlassbeurteilungen wegen einer anderen Tätigkeit zukünftig überhaupt nicht mehr in Frage kommen.
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