BVerwG zur Gewährung einer Strukturzulage nach Laufbahngruppenzugehörigkeit
03.03.2021
Leitsätze:
- Die Regelung des § 45 des Sächsischen Besoldungsgesetzes über die Gewährung einer Strukturzulage hat im Zeitraum ihrer Geltung gegen Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG insoweit verstoßen, als sie bei der Anspruchsberechtigung innerhalb der Gruppe der nach Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten nach deren Laufbahnzugehörigkeit differenziert hat.
- Die Entscheidung des sächsischen Besoldungsgesetzgebers, die Strukturzulage (nur) für die Zukunft aufzuheben und damit den bislang begünstigten Beamten die gewährten Zahlungen dauerhaft zu belassen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zum Thema Leistungsprinzip, Laufbahnprinzip sowie Abstandsgebot wird auf die allgemeinen Ausführungen RN 17 ff. verwiesen- zur Frage der Besoldung und deren Ausgestaltung RN 21 und RN 22.
RN17 Das Leistungsprinzip bezeichnet in seinem Kern zunächst das Prinzip der Bestenauslese, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist. Es betrifft nicht nur den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt beim Eintritt in das Beamtenverhältnis, sondern beinhaltet auch die Anerkennung und rechtliche Absicherung des Beförderungserfolges, den der Beamte bei der Bestenauslese aufgrund von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erlangt hat. Über das Statusrecht ist das Besoldungsrecht mittelbar leistungsbezogen, indem Leistung mit Beförderung honoriert wird (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <296> m.w.N.).
RN18 Inhalt des Laufbahnprinzips ist, dass für die Einstellung und das berufliche Fortkommen des Beamten Laufbahnen mit jeweils typisierten Mindestanforderungen bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvR 709/99 - BVerfGE 107, 257 <273>). Das Laufbahnprinzip - wie auch der Aufbau des Ämtergefüges - ist zudem Ausdruck des Leistungsprinzips (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Dezember 1982 - 2 BvR 1261/79 - BVerfGE 62, 374 <384> und vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - BVerfGE 141, 56 Rn. 36); beide Prinzipien sind eng miteinander verknüpft (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 111 und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 90 jeweils m.w.N.).
RN19 Aus diesen grundgesetzlichen Vorgaben ergibt sich, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegelt und widerspiegeln muss. Davon zu unterscheiden ist das Abstandsgebot als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der in enger Anbindung zum Alimentationsprinzip und zum Leistungsgrundsatz steht (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 u.a. - BVerfGE 145, 304 Rn. 75). Das Abstandsgebot untersagt dem Gesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen; maßgebend für die vergleichende Betrachtung sind dabei die Grundgehaltssätze (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 110 f. und Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 90 f. jeweils m.w.N.).
RN20 bb) Die Regelung der Bezüge ist auch an den Gleichheitssatz gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2012 - 2 BvL 4/09 - BVerfGE 130, 52 <67>). Nach ständiger Rechtsprechung gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 Rn. 121, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 - BVerfGE 141, 1 Rn. 93 jeweils m.w.N.).
RN21 Es ist dabei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1987 - 2 BvR 909/82 u.a. - BVerfGE 75, 108 <157> und vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> und vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239 <255 f.> m.w.N.). Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften kommt dem Gesetzgeber eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit zu. Wegen des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, ist nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 75 m.w.N.). Es können, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstandet werden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - BVerfGE 65, 141 <148 f.>, vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <319 f.> und vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244 f.>).
RN22 Unter Berücksichtigung der dargestellten, in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums folgt für den Bereich des Besoldungsrechts, dass Beamte mit gleichen oder gleichwertigen Ämtern in der Regel gleich zu besolden sind. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Die Zulässigkeit einer Differenzierung hängt davon ab, ob nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1961 - 2 BvR 49/60 - BVerfGE 12, 326 <333>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 86/66 u.a. - BVerfGE 26, 100 <110 ff.> und - 2 BvR 412/66 u.a. - BVerfGE 26, 163 <169 ff.> sowie vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <245>).
Fundstelle(n):
- Bundesverwaltungsgericht, Entscheidung im Volltext