BVerwG zur Berechnung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags

13.10.2020

BVerwG, Urteil vom 13.10.2020, Az. 2 C 11.20. Schlagworte: Kindererziehungsergänzungszuschlag, § 66 LBeamtVG BW, § 50 BeamtVG, § 70 SGB VI, Erziehungszeit, Spitzberechnung, Gesamtheitsmethode.
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Leitsätze: 

  1. Die Berechnung der Höchstgrenze für den Kindererziehungsergänzungszuschlag (§ 66 Abs. 6 LBeamtVG BW, § 50b Abs. 3 Satz 1 BeamtVG) ist in der Weise vorzunehmen, dass der Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen ist (sog. Spitzberechnung).
  1. Die davon abweichende, als sog. Gesamtheitsmethode bezeichnete Berechnungsweise wird dem mit den kinderbezogenen Leistungen verfolgten Ziel der weitestgehenden und wirkungsgleichen Übernahme der rentenrechtlichen Vorschriften (§ 70 Abs. 2 und 3a SGB VI) in das Beamtenversorgungsrecht in einem beachtlichen Teil der Fallkonstellationen nicht gerecht und verfehlt damit das gesetzgeberische Ziel, versorgungsrechtliche Nachteile auszugleichen, die dem begünstigten Personenkreis durch Zeiten der Kindererziehung entstehen.

 

Zur inhaltlichen Auseinandersetzung RN15:Kern des Rechtsstreits ist die Frage, nach welcher Berechnungsmethode die vorstehend wiedergegebene Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags (§ 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW) zu ermitteln ist: Nach der vom Beklagten praktizierten sog. "Gesamtheitsmethode" wird der insgesamt zu gewährende Kindererziehungsergänzungszuschlag unter Zusammenfassung aller zu berücksichtigenden Monate der Kindererziehung ermittelt und zusammen mit dem in der gesamten Zeit der Kindererziehung erzielten Ruhegehaltsanspruch einer einheitlichen Höchstgrenze (Kappungsgrenze) gegenübergestellt. Dagegen besteht die von der Klägerin favorisierte sog. Spitzberechnung darin, dass der Kindererziehungsergänzungszuschlag für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, jeweils getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen ist (wegen der einzelnen Rechenschritte der beiden Methoden vgl. die beispielhafte Darstellung bei Kümmel, Beamtenversorgungsrecht, Stand: 48. Erg.-Lfg. Juli 2019, § 50b Rn. 11 S. 50b/14 ff.).“ 

Zur Dimension und möglichen fehlerhaften Berechnungen siehe RN37: „Derartiges wäre hier der Fall. Nach der vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft hat das beklagte Land seit dem Jahr 2009 in insgesamt 8 008 Fällen den Kindererziehungsergänzungszuschlag berechnet und in 6 546 Fällen auf Null gekürzt (das sind 81,74 % der Fälle); nur in 1 462 Fällen wurde ein solcher überhaupt festgesetzt. Das zeigt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers zur Einführung dieses besonderen Elements des versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleichs für Zeiten der Kindererziehung im Bereich des beklagten Landes in einem hohen Prozentsatz der Fälle ins Leere läuft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein beachtlicher Anteil dieser Kürzungen auf Null - allein - auf der zu beanstandenden Berechnungsmethode beruht. Einzuräumen ist, dass der Umfang dieses rein berechnungsbedingten Herausfallens aus der Norm erst bei einer Vergleichs- und Neuberechnung aller Altfälle verifiziert werden kann. In jedem Fall kann nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass eine von ihm beschlossene gesetzliche Regelung aufgrund einer bestimmten Berechnungsmethode in ihrem Anwendungsbereich derart eingeschränkt wird und damit ihr angestrebtes Ziel nicht erreicht.“ 

 

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