BVerwG zu wünschenswerten Kriterien im Anforderungsprofil bei gleich leistungsstarken Bewerbern

25.06.2020

BVerwG, Beschluss vom 25.06.2020, Az. 1 WB 77.19. Schlagworte: Auswahlverfahren, Anforderungsprofil, Leistungsvergleich, Stellenbesetzungsverfahren, Art. 33 II GG.
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Leitsätze: 

  1. Auch Kriterien, die im Anforderungsprofil für die Besetzung eines militärischen Dienstpostens nur als "erwünscht" oder "wünschenswert" bezeichnet sind, haben eine das Auswahlverfahren steuernde Bedeutung.
  1. Es bedarf triftiger Gründe, wenn beim Vergleich zwischen zwei grundsätzlich geeigneten und gleich leistungsstarken Kandidaten der Bewerber, der ein oder ggf. mehrere "erwünschte" oder "wünschenswerte" Kriterien erfüllt, übergangen und stattdessen ein Bewerber ausgewählt werden soll, der nicht über die "erwünschten" oder "wünschenswerten" Qualifikationen verfügt.

Hinweis: Es handelt sich um eine Entscheidung des Wehrdienstsenats. 

Im vorliegenden Fall erfüllten die Konkurrenten die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils des Dienstpostens und „konnten auch im Leistungsvergleich als im Wesentlichen gleich leistungsstark eingeschätzt werden“. Allerdings stellte das Gericht fest, dass die als „wünschenswert“ angegebenen Kriterien in der Folge nicht beachtet worden sind – diese sind zunächst unerheblich, kommen aber zum Tragen, wenn eben zwingende Kriterien erfüllt sind und die Bewerber leistungsgleich sind. 

RN33: „Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 2020 - 1 WB 67.19 - juris Rn. 23 m.w.N.). Diese Bindungswirkung gilt nicht nur für die zwingenden Kriterien, die ein Bewerber erfüllen muss, um in den Eignungs- und Leistungsvergleich auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen einbezogen zu werden (oben II. 2. c. aa und bb). Sie gilt vielmehr auch für die im Planungsbogen (nur) als "erwünscht" oder "wünschenswert" bezeichneten Anforderungskriterien. Auch bei ihnen handelt es sich um Festlegungen des Bedarfsträgers, die das Auswahlverfahren durch die Personalführung verbindlich steuern sollen und nicht zu deren Disposition stehen.“ 

Zentral RN34: „Ob ein Bewerber über eine (nur) "erwünschte" oder "wünschenswerte" Qualifikation verfügt oder nicht, ist zwar für den ersten Schritt des Auswahlverfahrens - der Eingrenzung des Felds grundsätzlich geeigneter Bewerber anhand der zwingenden Anforderungskriterien - irrelevant. Von Bedeutung sind "erwünschte" bzw. "wünschenswerte" Qualifikationen jedoch auf der hier in Rede stehenden Ebene des Vergleichs zwischen zwei oder mehreren grundsätzlich geeigneten und gleichermaßen leistungsstarken Bewerbern. Hier folgt aus der entsprechenden Festlegung im Anforderungsprofil, dass den "erwünschten" oder "wünschenswerten" Qualifikationen gegenüber anderen Gesichtspunkten ein deutlich gesteigertes Gewicht bei der Bestimmung des am besten geeigneten Bewerbers zukommt. "Erwünscht" oder "wünschenswert" bedeutet zwar auch auf dieser Ebene des Eignungsvergleichs nicht in einem schematischen Sinne "zwingend" oder "unmittelbar ausschlaggebend". Jedoch bedarf es triftiger Gründe, wenn ein Bewerber, der ein oder ggf. mehrere "erwünschte" oder "wünschenswerte" Kriterien erfüllt, übergangen und stattdessen ein Bewerber ausgewählt werden soll, der nicht über die "erwünschten" oder "wünschenswerten" Qualifikationen verfügt.“ 

 

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