BVerwG - Maßnahmenmilderung wegen verspäteter Einleitung des Disziplinarverfahren

15.11.2018

BVerwG, Urteil vom 15.11.2018, Az. 2 C 60.17; Disziplinarverfahren; Bemessung
BVerwG - Maßnahmenmilderung wegen verspäteter Einleitung des Disziplinarverfahren

Leitsätze

  1. Ein Verstoß gegen die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NW (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BDG) folgende Pflicht zur rechtzeitigen Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens ist ein Mangel, der bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme als mildernder Umstand zu berücksichtigen sein kann.
  2. § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NW kann als zwingende Schutzvorschrift zugunsten des Beamten durch den Lauf eines Mediationsverfahrens nicht außer Kraft gesetzt werden.
  3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass der Dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden Dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer Schwere für sich genommen keine höheren Disziplinarmaßnahmen gebieten, in der Regel zunächst zeitnah zur begangenen Verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten einwirkt.

Bewertung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich hier mit der nordrhein-westfälischen Gesetzesgrundlage für das Disziplinarverfahren befasst. Die baden-württembergischen Regelungen des § 8 Landesdisziplinargesetz (LDG) sind nicht wortgleich. Die formulierten Leitsätze, insbesondere Nr. 3, sollten jedoch auch auf Baden-Württemberg übertragbar sein. Das bedeutet, dass verspätet eingeleitete Disziplinarverfahren Auswirkung auf die mögliche Sanktion haben. Zudem besteht die Verpflichtung, disziplinarwürdiges Verhalten zeitnah durch Einleitung einer Disziplinarmaßnahme zu ahnden.

In diesem Zusammenhang wird uns immer häufiger zugetragen, dass Dienststellen vermehrt das nicht ganz unumstrittene Instrument der Vorermittlungen als Form der Verwaltungsermittlungen vor Einleitung eines Disziplinarverfahrens nutzen. Es darf dabei nicht außer Acht bleiben, dass ein Disziplinarverfahren zum Schutz des betroffenen Beamten bestimmte Informations- und Beteiligungsrechte beinhaltet. Eine Aushöhlung dieser Schutzrechte durch reine Verwaltungsermittlungen sind deswegen abzulehnen. Auf der anderen Seite sollen solche Vorermittlungen dann zulässig sein, wenn zunächst eine weitere Aufklärung erforderlich ist, ob ein disziplinarwürdiges Verhalten vorliegt. Jedenfalls zeigt das aktuelle Urteil, dass dann ein Disziplinarverfahren zeitnah einzuleiten ist.

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