Bundespolizeireform beendet – Führungsspitze gefeuert!
30.07.2012
Berlin, 30.07.12 - Verband Bundespolizei
Vor wenigen Tagen wurde endlich der sog. „4. Schritt“ der personellen Umsetzung der letzten Reform intern als „abgeschlossen“ verkündet. Kurz darauf erfahren die Beschäftigten der Bundespolizei (BPOL) aus der Presse, dass die ranghöchsten Führungskräfte ihren Hut bzw. ihre Dienstmützen nehmen sollen.
Soll das ein spätes Eingeständnis für das Scheitern dieser Reform sein und wenn ja, warum wurden dann nur die Hauptprotagonisten des Präsidiums und nicht die des Ministeriums gefeuert?
Nach jahrelangen Hängepartien und belastender Ungewissheit will die BPOL nunmehr wieder zur „normalen Personalwirtschaft“ zurückkehren, was immer das bedeuten mag. Die Neuorganisation sowie deren personelle Umsetzung wurde durch drei Bundesinnenminister und deren Fachabteilungen „begleitet“. Anfangs wurde sie mit viel Euphorie angepriesen und trotz breiter und massiver Kritik wurde stoisch an ihr festgehalten. Eine Evaluation ist bis heute nicht erfolgt.
Wenige Tage später soll die verantwortliche Führungsspitze dieser „Epoche“ durch bereits benannte Nachfolger ausgewechselt werden, aber nur im Bundespolizeipräsidium, keineswegs im Ministerium.
Obwohl der deutsche Blätterwald des Ministers Order bereits seit dem Wochenende unisono ausrief, wollte sich das BMI selbst nicht an „Personalspekulationen“ beteiligen. Stattdessen wurde über die Sportförderung sowie die Teilnehmer aus der BPOL bei den Olympischen Spielen auf bmi.de und bundespolizei.de berichtet. Erst nach dem erheblichen und sehr kritischen Medienecho sah sich das Ministerium am heutigen Morgen zu einer knappen Stellungnahme genötigt und bestätigte die Zurruhesetzung Seegers und eine anderweitige Verwendung der bisherigen Vizepräsidenten.
Die BPOL nutzte die Sommerferien und titelt auf ihrer Website: „Entspannt in die schönsten Tage des Jahres“ Ob das die bereits vor Wochen in der Öffentlichkeit derangierten, von der Ministerialbürokratie vorgeführten und nun abservierten Führungskräfte der BPOL ebenso sehen?
Kritische Fragen zur Organisations- und Vertrauenskultur „im Geschäftsbereich des Innenministeriums“ hatte der BDK in dieser „Nebelkerzenaffäre“ bereits gestellt.
Der BDK jedenfalls wünscht Herr Seeger im erzwungenen Vorruhestand alles Gute und seinen beiden ehemaligen Vizes in ihren neuen Aufgaben viel Erfolg.
Diese Stil- und Sprachlosigkeiten im Umgang miteinander dürften auch dem neuen Führungstrio den ohnehin schweren Start nicht erleichtern. Eine desolate IT-Struktur, eine schlechte Haushaltssituation, Zweifel über die Sinnhaftigkeit der zahllosen Aufgaben bei zu wenig, zu altem und zunehmend demotivierten und überforderten Personal, sind nur einige der virulenten Punkte, die dem BMI seit langem bekannt sind und wo man die nun vor die Türe gesetzten Spitzenbeamten genüsslich hat auflaufen lassen anstatt an der Lösung mitzuwirken.
Immerhin ist die personelle Zusammensetzung der kolportierten Nachfolger interessant: Dr. Romann kommt aktuell aus der Abteilung ÖS, Ausländerterrorismus. „ÖS“ ist u. a. für das BKA und das BfV zuständig. Nun hat die BPOL keine Bearbeitungszuständigkeit für „Terror“, sehr wohl aber für „Ausländer“. Vorher hatte Dr. Romann bereits jahrelang als Referatsleiter B 2 Erfahrungen mit der Kriminalitätsbekämpfung in der BPOL sammeln können. Diese Verknüpfung könnte Anlass für neue Hoffnung bei den Kriminalisten/innen der BPOL sein. Deren berechtigte Erwartungen nach der vorgeblichen „Wertschätzung“ im Zuge der Aufregung um die sog. „Werthebach-Vorschläge“ wurden in der BPOL bitter enttäuscht.
Der BDK setzt sich seit Jahren vehement für eine gerechtere Bewertung, verlässliche Fachperspektiven sowie die Möglichkeit von Fachkarrieren in der BPOL ein. Dabei steht er seit Jahren einer Phalanx von traditionsgeprägten Führungskräften, schutzpolizeilich dominierten Gewerkschaften und unbeweglichen Politikern gegenüber. Dr. Romann, der Mann mit kriminalistischen Berührungspunkten, könnte ggf. das Zusammenwirken schutz- und kriminalpolizeilicher Kräfte zeitgemäß definieren und in zukunftsfähige Bahnen lenken.
Herr Schubert ist bisher als Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder bei der Spitze der Abteilung B (Bundespolizei) angebunden und scheint eher eines der „klassischen“ Aufgabenfelder der BPOL zu vertreten. Sein jetziges Amt sowie seine Dienstzeit bei der Polizei Berlin, mit eigenen Einsatzerfahrungen, könnte gleichwohl indizieren, dass er nicht nur „über den Tellerrand schauen“ kann, sondern hoffentlich auch den Beruf und die Menschen, die ihn ausüben, in den Vordergrund stellt.
Herr Palm ist als bisheriger „Haushälter“ vermutlich dazu berufen, dass die Zahlenangaben des BPOLP und des BMI zur „2-Milliarden-Euro-Behörde“ künftig im Einklang stehen und nicht wieder jemand im Haushaltsschuss auftaucht und Klartext redet ohne das vorher mit der Leitung „abgestimmt“ zu haben.
Ungeachtet der Frage ob es möglicherweise gute Gründe für einen Personalwechsel in der Spitze der BPOL gibt verbleibt festzustellen, dass die Spitze des Bundespolizeipräsidiums eine Suppe auslöffeln muss, die maßgeblich durch das Ministerium selbst mit angerührt wurde. Somit ist diesem einmal mehr ein unterirdischer Führungsstil zu attestieren.
Dabei war es das Ministerium selbst, welches bereits im Jahre 1998 ein Leitbild für die Bundespolizei in Kraft gesetzt hat. Die vielen Mitarbeiter/innen der BPOL – und dazu gehören selbstverständlich auch die Führungskräfte, verdienen es in keinem Fall durch ihren Dienstherren öffentlich gedemütigt, vorgeführt und zerlegt zu werden. Das würde nicht einmal jemand verdienen, dem grobe Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Die herangezogenen Gründe jedenfalls sind davon meilenweit entfernt und schüren einmal mehr den Verdruss der Beschäftigten auf die Ministeriumspolitik.
Als ein Grund für die Ablösung wird die Demotivation der Mitarbeiter genannt. Ein derart unwürdiger Umgang mit einem sozial kompetenten Präsidenten, der sich stets für seine Beamten eingesetzt und sich deren Respekt auf breiter Basis verdient hat, dürfte nicht unwesentlich dazu beitragen.
Eins jedenfalls wird sicher nicht gelingen: Die Leitung einer mit sehr sensiblen Sicherheitsaufgaben betrauten Bundespolizeibbehörde mit 40.000 Beschäftigten, durch „Amtswalter“ des Ministeriums.
Nach Ansicht des BDK, Verband Bundespolizei hat sich der Minister mit diesem Schritt keinen Gefallen getan. Der nächste Einschlag, egal aus welchem Grund, kann jetzt nur noch im Ministerium selbst erfolgen.
Vorstand BDK Bundespolizei