Breites Themenspektrum in der PD Osnabrück
26.10.2022
Das Treffen fand in Anwesenheit von Werner Schwarz, Vorsitzender im Direktionsverband Osnabrück, statt. Es wurden sowohl aktuelle Problembereiche auch regionaler Art als auch grundsätzliche Positionen des BDK LV Niedersachsen erörtert.
Immer interessant: Welchen Blick hat ein Polizeipräsident auf Gewerkschaften und wie könnte aus seiner Sicht eine Zusammenarbeit aussehen? Es sei wichtig, dass die "Polizei-Gewerkschaften" / Interessenvertretungen die beruflichen, wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Interessen der Beschäftigten und Ehemaligen vertreten - und vor allem für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen eintreten. Sie sollten sich durch Unabhängigkeit auszeichnen und demokratisch organisiert sein.
Die Trennung von Gewerkschafts- und Personalratsarbeit werde immer beachtet und gelebt. Gewerkschaften seien Sprachrohr in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik. Dabei seien Forderungen nach Personalzuwachs nicht für alle Bereiche nachvollziehbar, es müsse auf Differenzierung geachtet werden.
Nach Ansicht von Herrn Maßmann dürfe nie aus den Augen verloren werden, für was die Polizei in Niedersachsen steht: für eine Bürgerinnen- und Bürgerpolizei, die kommunikativ und vermittelnd agiert, als Partnerin an der Seite der Menschen.
Wir wiesen darauf hin, dass der Bereich der Kriminalitätsbekämpfung als eher nicht unmittelbar sichtbarem Element polizeilicher Arbeit die gleiche Bedeutung in der personellen und technischen Ausstattung zukommen muss, wie dem hier beschriebenen Einsatzbereich. Einer wiederholt geäußerten Wahrnehmung, der Bereich der Einsatztätigkeit würde priorisiert, sollte in der Ressourcenentscheidung Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Auch wenn Herr Maßmann sehr deutlich darauf hinwies, dass nur ein organisatorisches Gesamtwirken diesem Anspruch entsprechen könne, haben wir als Kern unserer Wahrnehmung die Gefahr einer unterschiedlichen Akzentuierung beschrieben.
In der Diskussion um die Differenz zwischen statistischer Datenlage und subjektivem Sicherheitsempfinden wurden verschiedene Argumente ausgetauscht. So ist durchaus festzustellen, dass die Art medialer Berichterstattung das Gefühl unterstützt, dass eine Häufung von Straftaten festzustellen sei. Die Schlagzeilen bestimmen die Berichterstattung, da bleibt wenig Raum für differenzierte Schilderung der Zusammenhänge. Beklagenswert ist die Kurzlebigkeit der in der medialen Öffentlichkeit aufgeworfenen Themen, es fehlt eine nachhaltige Befassung damit.
Daneben wiesen wir darauf hin, dass die Art und der Umfang statistischer Erfassung möglicherweise das tatsächliche Kriminalitätsgeschehen nur selektiv abbildet. Aus unserer Sicht besteht die Gefahr, dass durch die politische Bedeutung eines positiven Aufklärungsergebnisses verbunden mit sinkenden Fallzahlen die Darstellung tatsächlicher Gegebenheiten erschwert wird. Die Möglichkeit öffentlicher Reaktionen auf derartige medienwirksame Präsentationen ist für einen Berufsverband schwierig. Zum einen sind interne Abläufe und Veränderungen nach außen wenig verständlich darstellbar. Zum anderen soll durch die Darstellung ergänzender Informationen keine Unsicherheit in der Bevölkerung verursacht werden. Wir wünschen uns deshalb einen internen, ehrlichen Umgang mit statistischen Daten. Darüber hinaus ist uns wichtig, die an politischem Interesse „ausgerichteten“ statistischen Werte vor Ort nicht zur Grundlage von Personalplanung und -verteilung zu machen.
Herr Maßmann befürwortet die Initiativen zur Unterstützung von Mitarbeitenden, die in den Bereichen Kinderpornografie und Spezialeinheiten eingesetzt sind. Dabei sollte der Blick jedoch nicht ausschließlich auf finanzielle Angebote gelenkt sein. So könnten auch erweiterte Urlaubs- oder eine besondere Flexibilität der Arbeitszeiten diskussionswürdig sein.
Bei der Frage nach Steigerung der Attraktivität der Tätigkeiten im Tarifbereich weist Herr Maßmann darauf hin, dass die Neufassung der Entgeltordnung im IT-Bereich zu etlichen Höhergruppierungen geführt habe. Darüber hinaus konnten trotz der engen tarifrechtlichen Vorgaben für den gesamten Bereich der Beschäftigten Personalentwicklungsmaßnahmen implementiert werden, wie z.B. die Stufenlaufzeitverkürzung oder die Aufstiegslehrgänge mit oder ohne Verbeamtung. Gleichwohl sind im öffentlichen Dienst die Eingruppierungen selbst nicht verhandelbar.
In der Erkenntnis der Notwendigkeit einer politischen Entscheidung wünschen wir uns eine starke Unterstützung des Polizeipräsidenten bei der Forderung nach weiteren Mitteln zur Einstellung qualifizierten und spezialisierten Tarifpersonals einerseits sowie andererseits die arbeitsmarktangemessene Besoldung und Ausstattung vorhandener Kräfte.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung auch der Polizei sind die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeit und mobiler Arbeit wesentlich verändert worden. Die neue Vereinbarung nach § 81 NPersVG bedürfe zwar noch einer genaueren Auswertung und konkreten Einbettung in regionale Bedingungen – aber es ist bereits jetzt deutlich, dass diese Arbeitsform in Zukunft Teil der polizeilichen Arbeit sein wird. Wenn die Aufgaben und die personelle Situation es zulassen, wird dieses Angebot für die Mitarbeitenden eine Möglichkeit bieten, Arbeit und Privatbereich in besonderer Weise zu verbinden. Grundlage ist weiterhin eine individuelle Prüfung der tatsächlichen Möglichkeit einer solchen Arbeitsleistung. Darüber hinaus können finanzielle Erfordernisse (z. B. VPN Karten) nicht außer Acht gelassen werden. Nicht überall und zu allen Zeiten wird mobiles Arbeiten möglich sein, um den dienstlichen Notwendigkeiten mit einer hohen Qualität polizeilicher Arbeit gerecht werden zu können.
Gleichzeitig können die sich schnell verändernden Bedingungen von IT und KI die Grundlage einer wesentlichen Entlastung in der Auswertearbeit darstellen.
Dass der digitalen Entwicklung und den daraus entstehenden Potentialen eine besondere Aufmerksamkeit in der PD Osnabrück zukommt, ist nach Auskunft von Herrn Maßmann u. a. durch die Teilnahme eines Kollegen an einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts erkennbar. Erste Schritte zur Umsetzung der Erkenntnisse daraus werden aktuell im dienstlichen Tagesgeschäft erprobt.
Von besonderer Bedeutung ist bei der Nutzung moderner Arbeitsformen auch, dass sowohl Mitarbeitende über die Gefahren informiert als auch Führungskräfte hinsichtlich der wesentlichen Veränderungen ihrer Aufgabe ausgebildet werden sollten.
Zur Fragestellung der aktuellen Personalsituation wies Herr Maßmann darauf hin, dass nicht nur ein Personalausgleich für die Pensionierungen erfolge – es gebe sogar darüberhinausgehende Einstellungen. Für uns gilt die Frage: Wo bleiben diese? Sie sind für uns nur wenig sichtbar. Gibt es eine gefühlte Personalknappheit durch gestiegene Aufgaben?
Gleichzeitig wiesen wir an dieser Stelle auf die Notwendigkeit einer Anpassung der Stellenplanobergrenzen hin. In Anerkennung der deutlichen Verbesserungen im Bereich A11 gehört der „Flaschenhals“ A12/A13 in gleichem Maß verändert. Fachkarrieren können dabei ein adäquates Mittel zur Perspektive und Wertschätzung in der Spezialisierung sowie der Sicherung von Wissen und Erfahrung in der Kriminalitätsbekämpfung sein. Herr Maßmann betont, dass das MI eine Anpassung der Stellenplanobergrenzen fortlaufend überprüft, um Verbesserungen zu initiieren. Im ersten Schritt sei wichtig, zunächst über diese Kräfte verfügen zu können.
Mit Blick auf den „Nachwuchs“ ist uns wichtig, dass junge Kolleginnen und Kollegen die Sachbearbeitung in der Kriminalitätsbekämpfung unmittelbar unterstützen können. Deshalb möchten wir wissen, wo die im Rahmen ihres Studiums spezialisierten Bachelor eingesetzt werden.
Herr Maßmann hebt in diesem Zusammenhang die positive Entwicklung der Spezialisierung im Studium hervor. In Bezug auf die konkrete Erstverwendung nach dem Studium erläutert Herr Maßmann, dass diese von zahlreichen Faktoren abhängig sei. Neben der notwendigen Verfügbarkeit von freien Dienstposten im Ermittlungsbereich bedürfe es auch des konkreten individuellen Verwendungswunsches. Es sei festzustellen, dass zahlreiche Absolventinnen und Absolventen mit entsprechender spezialisierter Vertiefung zunächst eine Erstverwendung im Einsatz- und Streifendienst bevorzugen würden. Gleichwohl seien die Personalbereiche sensibilisiert, diese Personengruppe für eine Verwendung im Ermittlungsbereich im Fokus zu behalten, um die Spezialität für die Organisation auch nutzbar zu machen.
Bei der Frage nach Verwendung auf der Grundlage von Vorerkenntnissen weist Herr Maßmann darauf hin, dass eine grundsätzliche Prüfung erfolgt. Dabei sei jedoch auch der Wille der jungen Kollegen und Kolleginnen zu beachten, dass gerade deshalb eine neue Berufsausbildung gewählt wurde, um der alten Verwendung „zu entkommen“.
Gibt es eine Möglichkeit, im Rahmen der bestehenden Organisationsbedingungen einen Direkteinstieg zur Kripo zu gestalten? Herr Maßmann weist auf die bereits beschriebene positive Entwicklung in Bezug auf das Studium hin und betont, dass man hier auf einem guten Weg sei.
Das Gespräch fand in einer angenehmen Atmosphäre „auf Augenhöhe“ statt. Wir hatten immer den Eindruck, dass unseren Argumenten zugehört und auf deren Inhalt anspruchsvoll reagiert wurde.
Gesa Eisengarten
Landesvorsitzende