Bundespolizei ist "gefordert, aber nicht überfordert" ????
14.08.2015
Natürlich kann der Minister seine Mitarbeiter nicht demoralisieren. Die sicher gutgemeinte Absicht, Zuversicht vermitteln zu wollen, grenzt aber an die unübersehbaren Realitäten, deren Ausmaß offensichtlich verkannt wird. Niemand wird ihm übel nehmen, dass er nicht gleich mit Lösungen im Gepäck aufwartet.
Aber weder die Flüchtlinge noch die eingesetzten Kräfte werden den o.a. Optimismus teilen. Auch die eigene Bundespolizeidirektion München widerspricht: Sie benennt einen polizeilichen Notstand für die Ermittler. Eine derartige Fehleinschätzung der Lage wirft Fragen auf: z.B. inwieweit sich unser Land auf eine absehbare Entwicklung der Migrationslage eingestellt hat – und was eben unterlassen wurde.
Aufgrund der um 185% gestiegenen Anzahl an Straftaten in Zuständigkeit der Bundespolizei insgesamt (Zeitraum 2008 bis 2014) hat das Bundespolizeipräsidium erst unlängst die Strategie 2020 ins Leben gerufen, um festzulegen, wie dieses Aufkommen überhaupt noch zu bewältigen ist. Denn auch dort hatte man bemerkt, dass die Zahl der Kollegen, die für die Kriminalitätsbekämpfung vorgesehen sind, gleich geblieben ist. Und das bleibt nicht ohne Folgen. Denn wenn stetig aufgesattelt wird, ohne mehr Personal einzustellen, dann ist die Belastungsgrenze irgendwann erreicht. Wenn sich dann die Lage noch derart verschärft wie in den letzten Monaten, ist der kritische Punkt schnell überschritten.
Jetzt rächt es sich doppelt und dreifach, dass das Thema Kriminalitätsbekämpfung in der Bundespolizei, trotz Mahnungen des BDK, bislang so vernachlässigt wurde. Statt sich zur Kriminalitätsbekämpfung, auch als Aufgabe, klar zu bekennen und diesen Bereich entsprechend zu stärken, ist man der Linie der Einheitspolizei gefolgt. Die letzte Reform war ein Rückschritt und hat die Kriminalisten klar geschwächt.
Da es keinerlei Reserven bei den Ermittlern gibt, zeichnet sich für de Maizière gleich das nächste Problem ab: Zieht er die bundesweit ohnehin überlasteten Ermittler ab, um diese zur Unterstützung nach München zu geben, stapeln sich die Akten in den abordnenden Dienststellen noch weiter. Es fragt sich auch, in welcher Intensität bei den unerlaubten Einreisen bzw. Schleusungen noch ermittelt werden kann, wenn die Masse der Vorgänge nur ein „Abverwalten“ befürchten lässt. Somit droht eine weitere, überregionale Beeinträchtigung der Strafverfolgung durch die BPOL.