BGH zur Verwertbarkeit von Erkenntnisse einer gefahrenabwehrrechtlich zulässigen Durchsuchung im Strafverfahren

10.06.2021

BGH, Urteil vom 10.06.2021, Az. 5 StR 377-20. Schlagworte: Strafprozessrecht, Gefahrenabwehr, Umwidmung.
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Leitsätze: Das Urteil selbst enthält keine Leitsätze, es erfolgt der Rückgriff auf die Besprechung auf HRRS: 

Leitsätze des Bearbeiters 

  1. Es besteht weder ein allgemeiner Vorrang der Strafprozessordnung gegenüber dem Gefahrenabwehrrecht noch umgekehrt ein solcher des Gefahrenabwehrrechts gegenüber der Strafprozessordnung. Auch bei Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Straftat ist ein Rückgriff auf präventivpolizeiliche Ermächtigungsgrundlagen rechtlich möglich. Insbesondere bei sogenannten Gemengelagen, in denen die Polizei sowohl repressiv als auch präventiv handeln kann und will, bleiben strafprozessuale und gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen grundsätzlich nebeneinander anwendbar.
  1. Erkenntnisse aus einer gefahrenabwehrrechtlich zulässigen Durchsuchung können auch im Strafverfahren verwendet werden. Etwas Anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung der strafprozessualen Anordnungsvoraussetzungen unter dem Deckmantel einer tatsächlich nicht bezweckten Gefahrenabwehr gegeben sind.
  1. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist sachlich-rechtlich fehlerhaft, wenn sich das Tatgericht darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Erst eine solche Gesamtwürdigung entscheidet letztlich darüber, ob das Gericht die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten und den sie tragenden Feststellungen gewinnt.
  1. Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtschau dem Tatgericht die entsprechende Überzeugung vermitteln. Beweisanzeichen können nämlich wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen. Der Beweiswert einzelner Indizien ergibt sich zudem regelmäßig erst aus dem Zusammenhang mit anderen Indizien, weshalb der Inbezugsetzung der Indizien zueinander im Rahmen der Gesamtwürdigung besonderes Gewicht zukommt.

 

 

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