BGH zur Tätigen Reue bei Brandstiftungsdelikten
27.05.2020
Leitsatz: §306e Abs.1 StGB ist auf die Qualifikation des §306b Abs.2 Nr.1 StGB analog anzuwenden, wenn der Täter anstatt den Brand zu löschen die (konkrete) Lebensgefahr für das Opfer freiwillig durch anderweitige Rettungshandlungen beseitigt
Sachverhalt (RN3): „Der zum Tatzeitpunkt 65-jährige Angeklagte und die 17-jährige Geschädigte, zwischen denen sich eine Liebesbeziehung entwickelt hatte, verabredeten, sich gemeinsam das Leben zu nehmen. Am Abend des 29.Oktober 2018 hielten sich beide in dem im Eigentum des Angeklagten stehenden Wohnwagen auf, der vom Angeklagten für vorübergehende Aufenthalte und Urlaubsreisen genutzt wurde. Zwischen 22 und 23Uhr verteilte der Angeklagte im Innenraum des Wohnwagens Benzin und entzündete dieses. Der Teppich fing sofort Feuer und die Flammen breiteten sich auf Grund der vorhandenen Stoffe und brenn-baren Materialien binnen kürzester Zeit unkontrolliert aus, so dass der Flucht-weg durch die Eingangstür versperrt war. Zudem griff das Feuer bereits auf den in unmittelbarer Nähe des Wohnwagens geparkten Pkw des Angeklagten über. In dieser Situation beschloss der Angeklagte, die Geschädigte und sich zu retten. Trotz des in der beengten Räumlichkeit bereits stark ausgebreiteten Feuers gelang es dem Angeklagten, das Fenster in der Front des Wohnwagens aufzuklappen, der Geschädigten durch dieses herauszuhelfen und sodann selbst zu entkommen. Wohnwagen und Pkw brannten sodann innerhalb kürzester Zeit vollständig aus. Die Geschädigte erlitt Verbrennungen an Rücken, Unterarm, Knie und einer Wade. Sie verblieb fünf Tage im Klinikum L.“
RN8: „Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung den Strafrahmen des §306b Abs.2 StGB zu Grunde gelegt und mit unzutreffenden Erwägungen eine Milderung nach §306e StGB abgelehnt. Es hat darauf abgestellt, dass der Angeklagte das Feuer nicht gelöscht habe. Andere Reueaktivitäten des Täters –wie vorliegend das Verbringen der Geschädigten aus dem Wohnwagen–sei-en von §306e StGB nicht umfasst. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar erfordert eine tätige Reue im Sinne des §306e StGB nach dem Wortlaut der Vorschrift ein freiwilliges Löschen des Brandes, bevor ein erheblicher Schaden entsteht. Angesichts der Beseitigung der konkreten Gefahr für das Leben der Geschädigten kommt vorliegend jedoch eine Strafmilderung nach §49 Abs.2 StGB in entsprechender Anwendung des §306e StGB in Betracht.“
Gesetzestext: § 306e Tätige Reue
(1) Das Gericht kann in den Fällen der §§ 306, 306a und 306b die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.
(2) Nach § 306d wird nicht bestraft, wer freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.
(3) Wird der Brand ohne Zutun des Täters gelöscht, bevor ein erheblicher Schaden entstanden ist, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.
Externer Link:
- Bundesgerichtshof, Beschluss im Volltext