BGH zum Beweisverwertungsverbot bei Missachtung des Richtervorbehalts bei einer Wohnungsdurchsuchung

04.06.2020

BGH, Beschluss vom 04.06.2020, Az. 4 StR 15/20. Schlagworte: Wohnungsdurchsuchung, Richtervorbehalt, Beweisverwertungsverbot.
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Der Beschluss enthält keine Leitsätze, deswegen erfolgt der Rückgriff auf die Leitsätze der Bearbeiter Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner aus dem u. a. Artikel von HRRS: 

  1. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots kommt in Betracht, wenn der Richtervorbehalt bewusst missachtet oder seine Voraussetzungen in gleichgewichtig grober Weise verkannt wurden.
  1. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein. Dem entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 Halbsatz 1 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Nach Art. 13 Abs. 2 Halbsatz 2 GG i.V.m. § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO dürfen Durchsuchungen ausnahmsweise auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) angeordnet werden, wenn Gefahr im Verzug besteht. Gefahr im Verzug ist nur anzunehmen, wenn die richterliche Anordnung nicht mehr eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme - regelmäßig die Sicherung von Beweismitteln - gefährdet würde. Die Strafverfolgungsbehörden müssen dementsprechend regelmäßig versuchen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie eine Durchsuchung beginnen. Nur in Ausnahmesituationen, wenn schon die zeitliche Verzögerung wegen eines solchen Versuchs den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde, dürfen sie selbst die Anordnung wegen Gefahr im Verzug treffen, ohne sich zuvor um eine richterliche Entscheidung bemüht zu haben. Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten eine Durchsuchung für erforderlich hielten.
  1. Die für erwiesen erachteten Tatsachen sind so darzustellen, dass sie sich als Grundlage für die Subsumtion unter die angewendeten Vorschriften eignen. Der Alltagssprache entnommene Beschreibungen wie „Polenböller“ oder die Bezeichnung eines Gegenstands als „selbstgebauter Sprengkörper“ lassen nicht erkennen, ob insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Tatbestandsmerkmals des § 3 Abs. 1 SprengG erfüllt sind.

 

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