BGH zu Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und dem Schriftformerfordernis der eigenen Unterschrift bei einem Strafantrag

06.10.2020

BGH, Beschluss vom 06.102020, Az. BGH 4 StR 168-20. Schlagworte: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Vollstreckungshandlung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Ingewahrsamnahme nach Polizeirecht, Strafantrag.
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Das Urteil selbst enthält keine Leitsätze, es erfolgt der Rückgriff auf Leitsätze aus dem u. a. Artikel aus HRR Strafrecht, Bearbeitende: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner.

  1. Das Schriftformerfordernis des § 158 Abs. 2 StPO verlangt grundsätzlich die Unterschrift des Antragstellers.
  1. Eine Ingewahrsamnahme nach polizeirechtlichen Vorschriften ist eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 114 Abs. 3 StGB. Hierunter fällt jede Handlung einer dazu berufenen Person, welche die notfalls zwangsweise durchsetzbare Verwirklichung des im Einzelfall bereits konkretisierten Staatswillens bezweckt. Dies ist bei dem Vollzug eines polizeirechtlichen Gewahrsams der Fall. Infolgedessen ist nach § 114 Abs. 3 StGB die Vorschrift des § 113 Abs. 3 StGB entsprechend anwendbar, wonach die Tat nicht als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte strafbar ist, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist.
  1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Ausspruch hinsichtlich des Ersatzes künftiger immaterieller Schäden eine einzelfallbezogene Begründung voraus, aus der sich ergibt, dass künftig immaterielle Schäden, die nicht bereits von dem Ausspruch über die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung der Schmerzensgeldbeträge umfasst sind, wahrscheinlich entstehen werden.

Der BGH weist darauf hin, dass PHK R. in seiner Strafanzeige den Verweis „Ich stelle Strafantrag“ in Bezug auf die Beleidigung und Körperverletzung angebracht hat, jedoch keine persönliche Unterschrift vorliegt. Dies stellt nach Sicht des BGH ein Verfahrenshindernis dar. 

Kritisiert wird zudem das Landgericht, das „nur festgestellt [hat], dass der Angeklagte in den frühen Morgenstunden des Tattages „in eine Auseinandersetzung“ geraten war und „infolgedessen“ durch Polizeibeamte zur Verhinderung von Straftaten dem Zentralen Polizeigewahrsam des Polizeipräsidiums Bielefeld zugeführt wurde. Feststellungen zu den Hintergründen, die eine Prüfung ermöglichen, ob die Voraussetzungen des Gewahrsams nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW vorgelegen haben, hat das Landgericht nicht getroffen. Mit der Frage hat es sich auch an anderer Stelle des Urteils nicht befasst.“ Ergebnis: „Damit unterliegt auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung der Aufhebung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2019 - 1 StR 265/18, Rn. 25; Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, Rn. 51).“ 

 

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