Beurteilungen – Fluch oder Segen für unsere Landespolizei?
08.01.2012
Ein kleiner Exkurs in Sachen Beurteilung:
In Mecklenburg-Vorpommern ist sie die Hauptgrundlage für Personalentscheidungen, streng orientiert an dem Leistungsgrundsatz. Sie soll Stärken und Schwächen der MitarbeiterInnen aufzeigen, motivieren sowie die persönlichen Fähigkeiten entfalten. Jede Beurteilung soll gewissenhaft, objektiv und gerecht sein. Sie soll die Eignung, Befähigung und Fachlichkeit der MitarbeiterInnen darstellen, um sie vergleichbar zu bewerten. Auf ihrer Basis wird dann über Verwendung und Fortkommen entschieden.
In Vorbereitung dieser Beurteilung soll der Vorgesetzte mindestens einmal (alle drei Jahre!) mit seinen MitarbeiterInnen sprechen und Stärken und Schwächen im Rahmen seines dienstlichen Verhaltens aufzeigen. Die Bewertung soll sich bevorzugt auf allgemeine geistige Fähigkeiten, den Bildungsstand, die dienstlichen Leistungen, die Belastbarkeit und das Sozialverhalten beziehen.
Dient ein Mitarbeiter mehr als sechs Monate bei einem anderen Vorgesetzten (Erstbeurteiler), ist ein gesonderter Beurteilungsbeitrag zu fertigen.
An dieser Stelle eine Anmerkung: Mit der Unterschrift bestätigt der Mitarbeiter lediglich die Bekanntgabe und Erörterung der Beurteilung. Die Unterschriftsleistung stellt keine Anerkennung der Einschätzung dar!
Darüber hinaus lässt eine andere Vorschrift des Innenministeriums lediglich eine zwangsweise vorgeschriebene Quotenregelung innerhalb der Beurteilungsnoten zu.
Soweit die Theorie.
Kommen wir zur Praxis:
Die zitierten Vorschriften – Beurteilungsrichtlinien und Polizeilaufbahnverordnung der Landespolizei – widersprechen sich unseres Erachtens schon im Wortlaut selbst. Einerseits soll das Leistungspotential sachgerecht und objektiv wiedergegeben werden, andererseits ist eindeutig eine festgelegte Quote zu erfüllen. Praktisch bewirkt diese Zäsur, dass regelmäßig MitarbeiterInnen geringere Noten erhalten, weil sie „Quotenopfer“ sind. Die offensichtliche Ungerechtigkeit wird noch potenziert, da die Quoten sich an der so genannten Gaußschen Kurve orientieren, die eindeutig für physikalische Prozesse gilt und nicht für menschliche Verhaltensweisen.
Als weitere Schwierigkeit einer gerechten Leistungsbewertung haben wir die Ebenen der Erst- und Zweit-Beurteiler ausgemacht. Kann ein Dienststellenleiter wirklich die Arbeit seiner MitarbeiterInnen korrekt einschätzen? So manchen Mitarbeiter sehen diese Vorgesetzten im ganzen Jahr nicht oder kaum, trotzdem wird ihnen die Fähigkeit abverlangt, sie sachlich, objektiv und gerecht zu beurteilen. Ob das überhaupt möglich ist, überlassen wir dem geneigten Leser dieser Zeilen…
Beurteilungsbeiträge direkter Vorgesetzter können wiederum in die Einschätzung einfließen, müssen dies jedoch nicht. Hier fehlt nach unserer Wertung die Pflicht, sie im Sinne des betreffenden Zeitraumes angemessen zu berücksichtigen. Übrigens erstellen diese Beurteilungsbeiträge meistens jene Vorgesetzte, die ihre MitarbeiterInnen wohl am besten kennen und somit auch einschätzen können…
Bei der aktuellen Beurteilungsrunde gab und gibt es nach unserer Kenntnis erheblich mehr Wut, Enttäuschung und Tränen als sonst üblich. Diesen KollegInnen können wir nur raten, gegen ihre Beurteilung anzugehen, wenn sie objektiv falsch sein könnte (Quotierung, Herabsetzung ohne warnendes Mitarbeitergespräch oder unsachlich hohe Noten für Konkurrenten).
Einige - beispielhafte - Entscheidungen lassen uns als Berufsverband wirklich am Sinn der Beurteilungen zweifeln.
- In einer Dienststelle sind Erhöhungen von vier (!) Punkten (von maximal 15) und Senkungen um drei Punkte erfolgt. Hier ist eindeutig die Nähe zum Vorgesetzten wichtiger als das tatsächliche Leistungsvermögen.
- Ein Bewerber auf einen höheren Dienstposten wurde abgesenkt, sein direkter Konkurrent so erhöht, dass er nun beste Chancen auf den freien Posten besitzt.
- Ein Mitarbeiter, der gerade seinem Erst- und Zweit-Beurteiler zu noch mehr öffentlichen Auftritten und medialen Beifall verholfen hat, wird herabgestuft. In diesem Fall ist besonders bedenklich, dass seine Arbeit bislang nur Beifall hervorrief, die abschließende Bewertung aber fast eine Note kostete. Wenn die Arbeit immer besser wurde, wie kann dann die Note sinken?
Wir möchten allerdings als Berufsverband nicht den Eindruck erwecken, dass alle guten oder schlechten Beurteilungen fehlerhaft sind. Auch unsere Landespolizei lebt von besonders guten und sicher auch mit einigen weniger leistungsfähigen MitarbeiterInnen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es tatsächlich viele hervorragende Sachbearbeiter und Vorgesetzte, aber eben auch weniger leistungsstarke KollegInnen. Fraglich bleibt nach unserer Einschätzung nur, ob diese auch entsprechend eingeschätzt werden…
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hätte wegen der Subjektivität dieser Personaleinschätzungen nicht unbedingt aufbegehrt, aber gerade wegen der Vielzahl persönlicher Beschwerden gegen die erfahrenen Bewertungen, die einen noch nie da gewesenen Umfang erreichten, schien uns dieser Artikel mehr als notwendig zu sein. Wir zeigen den MitarbeiterInnen unserer Landespolizei, dass wir uns tatsächlich jederzeit für ihre Interessen einstehen und keinen „Kuschelkurs“ mit der Polizeiabteilung im Innenministerium fahren!
Insgesamt betrachtet, verkommt das Beurteilungswesen immer mehr zur Farce! Wir fordern die Polizeiabteilung des Innenministeriums auf, gerechtere Wege der Leistungseinschätzung zu beschreiten. So sollten die direkten Vorgesetzten ihre MitarbeiterInnen bewerten, unsinnige Quotierungen wegfallen und grobe Steigerungen oder Absenkungen der Vergangenheit angehören, schließlich sind wir alle nur Menschen.