Beschämend!

04.09.2017

2013 hatte der VGH Baden-Württemberg im Fall eines Einsatzleiters der Feuerwehr entschieden, dass seine zu leistenden Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit anzuerkennen sind. Das Urteil strahlte wegen der erkennbaren Parallelen zu den kriminalpolizeilichen Rufbereitschaftsdiensten bundesweit aus. +++ Während man in Schleswig-Holstein eine wohl politische Lösung fand, liegen in Baden-Württemberg die Anträge seit Jahren immer noch vielfach unbeschieden auf Halde und müssen Einzelklagen durchgeführt werden.
Beschämend!

Der Verwaltungsgerichtshof war in seiner Entscheidung (Az. 4 S 94/12) zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ein als „häusliche Alarmbereitschaft“ oder „Bereitschaftsdienst von zuhause“ bezeichneter Dienst eines Einsatzleiters vom Dienst (EvD) von einem - unstreitig zur Arbeitszeit zählenden - „klassischen“ Bereitschaftsdienst auf der Feuerwache im Wesentlichen nur dadurch unterscheide, dass sich der Beamte währenddessen auch zuhause oder sonst außerhalb der Feuerwache aufhalten darf und damit als Arbeitszeit anzusehen sei.

Allein schon die unabdingbare ständige und sofortige Verfügbarkeit, auch ohne ausdrückliche (schriftliche) Anordnung sowie die Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der häuslichen Rufbereitschaft, die dieser das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz gibt, sind zentrale Punkte und lassen nach Bewertung des Gerichtes nicht die Annahme zu, dass es sich um Freizeit bzw. vorwiegend der Erholung vom Dienst bestimmte Ruhezeit – in Gestalt einer (bloßen) Rufbereitschaft – handeln könnte.

Dass obendrein die physischen und psychischen Belastungen während des früheren Kriminaldauerdienstes in Rufbereitschaft enorm waren und nicht nur die Betroffenen sondern auch ihr familiäres Umfeld belasten konnten, wissen alle, die diesen Dienst absolviert haben. Die zeitliche Phase der Rufbereitschaft als Freizeit und/oder gar erholsame Ruhezeit rechtlich zu bewerten, geht an der Realität vorbei.

Die erkennbaren Parallelen des VGH-Urteils zu der kriminalpolizeilichen Rufbereitschaft zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft der Kriminalpolizei rund um die Uhr war dann auch die Ausgangsbasis für zahlreiche Anträge von Kolleginnen und Kollegen zur Anerkennung der geleisteten Rufbereitschaftszeiten als Bereitschaft und damit Arbeitszeit.

Die Mehrzahl dieser Anträge liegt auch heute, nach vier Jahren noch unbeschieden bei den Dienststellen, einzelne Verfahren sind bei Verwaltungsgerichten anhängig nachdem eine landesweite Lösung nicht möglich war.

In unserer aktuellen BDK-Verbandszeitschrift 'der kriminalist' dokumentieren unsere Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein, dass es auch anders gehen kann.

Dort, wo auch CDU und GRÜNE in Regierungsverantwortung sind, wurde wohl eine politische Lösung gefunden und unsere Kolleginnen und Kollegen, die in Schleswig-Holstein als „Beamte vom Dienst“ ihre Rufbereitschaft zur Sicherung der kriminalpolizeilichen Einsatzbereitschaft und Ermittlungsführung außerhalb der regulären Arbeitszeiten geleistet haben, werden nun rückwirkend diese Rufbereitschaftszeiten als Bereitschaftszeiten zu 50% Arbeitszeit sowie die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten (BW: LoD) bei relevanten Dienstzeiten anerkannt. Selbst der Anspruch auf Zusatzurlaub für die nunmehr anerkannten Nachtdienststunden wird geprüft.

Dies ist – so die klare Position des BDK – für Baden-Württemberg als eines der wirtschafts- und finanzstärksten und in vielen Themen der Inneren Sicherheit führendes Bundesland beschämend und viele Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei fühlen sich zunehmend im Stich gelassen.

Der BDK hat sich deshalb aktuell an Innenminister Thomas Strobl gewandt und drängt darauf, diese unbefriedigende und nun schon vier Jahre dauernde Angelegenheit einer politischen Lösung zuzuführen, die alle Seiten zufrieden stellen kann.

 

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