BDK Landesvorsitz: Auf ein Wort mit ...

23.09.2019

… Antje Möller, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Landesverband Hamburg, Sprecherin für Arbeitsmarkt, Innenpolitik, Flüchtlingspolitik, Eingaben und Härtefallkommission.
BDK Landesvorsitz: Auf ein Wort mit ...
Oliver Schwabe (stellv. BDK LaVo), Jan Reinecke (BDK LaVo), Antje Möller (Bündnis 90 / Die Grünen), Iska Bartsch (BDK Landesschriftführerin)

Am Nachmittag des 22.08.2019 folgten der BDK-Landesvorsitzende Jan Reinecke, dessen Stellvertreter Oliver Schwabe und die Schriftführerin Iska Bartsch einer Einladung der Innenpolitischen Sprecherin Antje Möller, GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg.

Frau Möller empfing uns mit Hans-Jürgen Sievertsen, Referent für Innenpolitik und Arbeitsmarkt, im sehr eindrucksvollen Bürgersaal A im Hamburger Rathaus. In dem gediegenen Ambiente mit Ledertapeten, Ratsherrenportraits und Eichenholzmobiliar kamen wir bei einer – oder vielmehr mehreren Tassen Kaffee - ins Gespräch.

Auf das aktuelle Zustimmungshoch der Partei DIE GRÜNEN angesprochen, winkte Frau Möller zunächst ab und verwies auf die verbleibenden sechs Monate, in denen man „noch was hinkriegen“ müsse. Man habe zwar schon ziemlich viel geschafft, aber einiges stünde noch im Koalitionsvertrag.

Wahrnehmung der Kripo durch die Politik und die Medien

Hier erkundigte sich der Landesvorsitzende Jan Reinecke bei Frau Möller, wie sie die Kriminalpolizei Hamburg wahrnehme. Frau Möller beschrieb, dass die „Kripo“ grundsätzlich, auch durch Krimi-Verfilmungen, ein positives Image habe. Der Aufgabenbereich führe naturgemäß zu viel weniger öffentlicher Kritik oder Konflikten. Fachliche Kompetenz würde von den wenigsten Leuten angezweifelt. Frau Möller räumte hierzu ein, dass Beschwerden über die aktuelle Arbeitssituation innerhalb der Kriminalpolizei ebenfalls wenig die Öffentlichkeit erreichten. Besuche bei und Gespräche mit dem LKA Hamburg seien deshalb immer hilfreich und hätten öfter stattfinden sollen. Nach Meinung von Frau Möller könnte die Kriminalpolizei aktuelles möglicherweise durchaus auch selbst in der Öffentlichkeit darstellen. Hierzu merkte Iska Bartsch an, dass die Pressearbeit zu Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft obliege, da bliebe kaum bis gar kein Spielraum für „Eigenwerbung“.

Jan Reinecke ergänzte, dass der BDK sich bei spektakulären Sachverhalten, wie zum Beispiel Straftaten im Zusammenhang G20 in Hamburg, mehr Zurückhaltung in der medialen Berichterstattung der Verantwortlichen wünsche, um keine unerfüllbaren Erwartungen an die Arbeit der Kripo zu wecken. Frau Möller wies auf die Gewaltenteilung hin, es dürfe hier keine politischen Vorgaben geben. Letztlich müsse die richterliche Instanz bewerten.

Probleme im Umgang mit Massendaten - Einstellungsoffensive erforderlich

Sodann berichtete Jan Reinecke von den Problemen im Umgang mit Massendaten, die unlängst auch im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des G20-Gipfels bei der damit betrauten Sonderkommission (SoKo) „Schwarzer Block“ aufgetreten sind. Ermittlungsverfahren mit einer großen Menge an auszuwertenden Daten aus verschiedensten Speichermedien würden bei der Polizei Hamburg zur Normalität, aber auch zu einer großen, eigentlich nicht mehr leistbaren Aufgabe. Auch aus diesem Grund plant die Polizei Hamburg ein Cybercrime-Kompetenzzentrum einzurichten, wie sie beispielsweise in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Sachsen existieren. Zudem stoßen die Polizeibehörden der Bundesländer und im Bund bei ihrer Arbeit zunehmend an datenschutzrechtliche Grenzen, welche wiederum erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse von Ermittlungsverfahren haben. Unlängst hat in diesem Zusammenhang ein Hamburger Gericht der Polizei die Anwendung einer Gesichtsanalysesoftware im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum G20-Gipfel untersagt.

Frau Möller stimmte zu, dass es bei dem Thema einer dringenden Klärung bedarf, was zulässig ist und was nicht. Frau Möller sieht in diesem Zusammenhang insbesondere das Problem der Verletzung von Persönlichkeitsrechten an prominenter Stelle. Grundsätzlich sollten nur die Daten zusammentragen werden, die für ein Verfahren auch wirklich benötigt werden. Frau Möller erkundigte sich, ob zur Auswertung der jetzt schon vorliegenden und zukünftigen Datenmengen mehr „Fachleute“ benötigt würden. Oliver Schwabe erläuterte, dass entsprechende Auswertetätigkeiten tatsächlich mit ausreichend mehr Personal und Material hinterlegt werden müssten, um diesen Arbeitsbereich überhaupt noch bedienen zu können. Der einzelne Ermittler vor Ort habe keine Ressourcen mehr, um diese umfangreichen Ermittlungsschritte durchzuführen. Um in diesem stark anwachsenden Bereich arbeitsfähig zu bleiben (oder überhaupt zu werden?) und weiterhin rechtssicher arbeiten zu können, sei zusätzliches Personal unabdingbar. Man müsse bei derartigen elementaren Veränderungen der Arbeitsmenge und bei ständig neuen Aufgabengebieten diese auch mit mehr Stellen und somit mehr Personal hinterlegen. Seitens der Politik müssten diesen Forderungen mittels parlamentarischer Drucksachen Nachdruck verliehen werden. Die Arbeit sei aus dem Bestand der Kollegenschaft schon lange nicht mehr leistbar. Die Einstellungsoffensive sei hier nur ein erster kleiner Schritt und reiche bei weitem nicht aus.

BDK fordert ernsthafte und ehrliche Aufgabenkritik - Personalbedarfe neu berechnen

Jan Reinecke betonte nochmals, dass die Arbeit der Polizei Hamburg trotz sinkender PKS-Fallzahlen immer weniger zu bewältigen sei. Es müsste hierzu endlich von übergeordneter Stelle eine „ernsthafte“ und „ehrliche“ Aufgabenkritik dahingehend erfolgen, welche Arbeiten von der Polizei Hamburg mit dem ihr zur Verfügung gestellten Personal erledigt werden können und welche nicht.

Frau Möller merkte an, dass ein Kompetenzzentrum doch Entlastung bringen müsste. Hierzu verwies Oliver Schwabe auf die größer werdenden Anforderungen der Staatsanwaltschaft „an das Produkt“ der Kriminalpolizei. Die Qualitätsanforderungen an die Ermittlungen würden stetig steigen. Frau Möller folgerte daraus: Sofern neue Methoden bekannt würden, werden diese auch eingefordert. Es werde jedoch nicht geprüft, was Entlastung bringen könnte.

Oliver Schwabe führte hierzu die SoKo Castle als exemplarisch an. Dort hätten nicht mehr Beamte, diese jedoch konzentriert gearbeitet. Allerdings gaben Führungsverantwortliche nicht vor, was unterdessen „liegenbleiben“ könne.

Frau Möller stellte die Frage in den Raum, ob eine SoKo denn stets das Instrument der Wahl sein müsse. Oliver Schwabe erläuterte, dass z.B. die SoKo Schwarzer Block sehr erfolgreich gearbeitet habe. Unterschiedliche SoKos hätten gezeigt, dass mit einem vernünftigen Kräfteansatz, operativen Kräften und einem guten Konzept fast jeder Kriminalitätsbereich schwerpunktmäßig erfolgreich bearbeitet werden kann. Es sei jedoch ein Armutszeugnis, Alltagskriminalität mit einer SoKo, gespeist aus verschiedenen LKA-Dienststellen, zu bekämpfen, wenn andernorts die Arbeit liegen bliebe.

Frau Möller fragte nach, ob sich die Strukturen innerhalb des LKA Hamburg dann so verändern würden, dass die klassischen Zuständigkeiten aufgegeben und stattdessen SoKos eingerichtet würden.

Oliver Schwabe richtete hier das Augenmerk auf die Personalstärke und zweifelte an, dass die Polizei unter den bestehenden Arbeitszeitmodellen den Ansprüchen des Staates noch gerecht werden könne. Zu beachten sei hier, dass die Anzahl von sogenannten Vollzeitäquivalenten abnehme, da es Mitarbeiter in Teil- und Elternzeit und im Sabbatical gebe. Dies sei für einen modernen Arbeitgeber und bei den heutigen Generationen unabdingbar. Die sich hieraus ergebenden Effekte wurden aber zu keiner Zeit mit entsprechendem Personal hinterlegt. So fehlen diese Kolleginnen und Kollegen und die Arbeit muss auf die im Dienst befindlichen Beamten verteilt werden. Hinzu kämen Urlaubszeiten und Ausfälle durch Krankheits- und Pflegetage. Eine Gesamtstrategie, die sich dieser Phänomene annimmt, die natürlich auch bei der Schutz- und Wasserschutzpolizei eklatant in Erscheinung treten, gäbe es bisher fataler Weise nicht. Frau Möller verwies darauf, dass hier unterschiedliche Aspekte zur Sprache kämen: Struktur- und Personalprobleme. Sie würde allerdings die Errungenschaften der Teilzeitarbeit gern beibehalten. Also folgerte sie ebenso, dass dies mehr Personalbedarf bedeuten könnte.

Jan Reinecke wies darauf hin, dass man aktuell nicht wisse, wie es um den Personalkörper der Kriminalpolizei Hamburg eigentlich stehe. Er begrüße deshalb den aktuellen Versuch der Einführung eines Monitoringsystems im neuen LKA 1 -Betrug-, welches die Dienststelle in Zukunft vor Überlastungen schützen soll.

Bearbeitung von Betrugs- und Großverfahren

Jan Reinecke beschrieb ferner, dass Ermittlungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität häufig in die „Absolute Verjährung“ gingen. Niemand würde mehr den Aufwand betreiben wollen, ein Großverfahren zu führen - weder die Kriminalpolizei, noch die Staatsanwaltschaft und auch nicht die Gerichte. Die Konsequenz bei der Kriminalpolizei sei, dass mitunter „Totschreiber“ von Ermittlungsakten bessere Beurteilungen erhielten als ambitionierte Sachbearbeiter. Um den Ermittlungsaufwand bei Betrugsdelikten gering zu halten, hätten sich Polizei und Staatsanwaltschaft nach einem Berliner Vorbild auf standardisierte Bearbeitungsvorgaben geeinigt.

Erneut angesprochen auf die offensichtlichen personalwirtschaftlichen Herausforderungen der Polizei Hamburg durch immer größere Teilzeitanteile im Personalkörper warf Antje Möller die Frage auf, ob es vielleicht eines Gutachtens bedürfe, über welches geklärt werde, ob die kriminalpolizeilichen Aufgaben mit dem zur Verfügung stehenden Personal überhaupt bewältigt werden können. Hier müssten allerdings auch politische Vorgaben gedacht und formuliert werden. Antje Möller vermutete, dass die Erstellung eines Gutachtens durch Externe vermutlich schneller ginge als durch das Personalamt. Iska Bartsch gab zu bedenken, dass man in absehbarer Zeit schwerlich zusätzliches Personal einwerben könne, da alle Behörden und auch die freie Wirtschaft bundesweit miteinander konkurrierten.

An diesem Punkt - und abschließend - kam der Landesvorsitzende Jan Reinecke auf das vom BDK seit langem geforderte Dienstrad für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu sprechen. Frau Möller verwies diesbezüglich auf eine parlamentarische Drucksache, deren Umsetzung bereits beschlossen sei und dass das auch vom BDK geforderte Dienstrad hoffentlich bald den Beschäftigten der FHH zur Verfügung gestellt würde.

Nach einem mehr als zweistündigen Gespräch verabschiedeten sich die BDK-Vorstände von Antje Möller und Ihrem Referenten Hans-Jürgen Sievertsen mit der festen Zusage, weiterhin einen Austausch – und gern regelmäßiger - mit den GRÜNEN pflegen zu wollen.

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