BDK besucht das neue Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei (BPOL AFZ) Bamberg…..
23.03.2017
Bamberg, 11.01.19 – Es war in den letzten Monaten viel zu lesen und zu hören vom neuesten, größten und chaotischsten Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei. Grund genug, sich selbst ein Bild zu machen.
Nach Kontaktaufnahme mit dem Leitungsbüro und dem Austausch einiger konkretisierender Informationen wurde seitens des AFZ ein „bdk-spezifisches“ Besuchsprogramm entwickelt und am 10. und 11.01.17 umgesetzt.
Wegen der unmittelbaren Nachbarschaft einer Dienststelle der Kripo Bamberg und wegen der ohnehin gewünschten Kooperation vereinbarten die BDK Landesverbände Bayern und Bundespolizei einen gemeinsamen Besuch. So trafen an einem kalten Dienstagmorgen Jürgen Schneider (stv. LaVo Bayern, Ralph Steckel (Vorstand VBPOL) und der Verbandsvorsitzende Thomas Mischke den für ÖA zuständigen Kollegen EPHK Ingo Zahn an der Wache.
Der hatte glücklicherweise einen Dienstwagen dabei und brachte uns zunächst in den Leitungsbereich wo wir erst einmal eine theoretische Einweisung mit Powerpoint erhielten.
Einige Rahmendaten daraus will ich hier kurz nennen:
- Die Liegenschaft diente der US Army bis zum Jahr 2014; bis zu 68.000 US-Streitkräfte und ihre Familienangehörige nutzen das weitläufige Areal. Mehrere Kindergärten, Schulen, ein Kino, Burger King, eine Bowlingbahn, Spielplätze, Geschäfte und zahlreiche mehr oder weniger marode, oder auch moderne Gebäude wurden hinterlassen
- Nach den politischen Beschlüssen 3000+ im Sept. 15 musste schnell ein neues AFZ her, weil die alten das nicht hätten leisten können. Die Wahl fiel auf Bamberg und am 04.01.16 zog der Aufbaustab in eine kleine Baracke und einige Container ein.
- Im Juni folgten die Seminar- und Fachgruppenleiter, im August die Fachlehrer und schon am 01.09.16 die ersten 804 Polizeianwärter m.D. Die nächsten 185 Anwärter m.D. folgen diesen März, im September 17 kommen weitere 445 Anwärter m.D. und 280 für den g.D. dazu. Das bedeutet, dass etwa 1.600 Anwärter und dann vermutlich etwa 500 Stammbeschäftigte dort ihren Dienst versehen werden.
- Das jetzige Stammpersonal (355) setzt sich aus etwa 140 Tarifbeschäftigen, 20 Verwaltungsbeamten und knapp 200 PVB zusammen. Die besondere Schwierigkeit, bestand zunächst einmal in der „Ertüchtigung“ der vorhandenen Bausubstanz. Hier waren z.T. erhebliche Anstrengungen notwendig und sind das auch weiterhin.
Und vielleicht vorweggenommen, nicht nur die beteiligten Firmen und die Mitarbeiter der BIMA, sowie das bayerische Staatshochbauamt legen Hand an, sondern auch das Stammpersonal. Eine weitere Schwierigkeit bestand natürlich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und dem besonderen Umstand, dass der weitaus überwiegende Teil des Gesamtpersonals keinerlei AFZ-Erfahrung hatten und die meisten der Tarifbeschäftigten bisher nie etwas mit Polizei oder Verwaltung zu tun hatten. Das erklärt sicher auch, dass es in den ersten Wochen nach Unterrichtsbeginn teilweise noch etwas chaotisch zuging. In den Gesprächen, die wir führen konnten, wurde dies als Hauptgrund dafür angeführt, dass die in den ersten Wochen noch sehr entspannten Anwärter, die dort überwiegend in WG-ähnlichen Verhältnissen leben, auf ausbildungsunerfahrenes Personal traf und dies für jugendtypisches „Freischwimmen“ nutzten.
Allerdings, so wurde uns mehrfach berichtet, seien viele der in sozialen Medien kolportieren Gerüchte unwahr, hätten anderswo stattgefunden oder seien übertrieben gewesen.
Aus Sicht des BDK absolut nachvollziehbar und glaubwürdig. Ich möchte einmal eine polizeiliche Ausbildungsstätte sehen, egal ob im Bund oder im Land, wo junge Polizeianwärter nicht die Grenzen ausloten. Jedenfalls, so der Tenor aller Gesprächspartner, sei mittlerweile ein Normalniveau erreicht wie es vermutlich in den meisten Ausbildungseinrichtungen der deutschen Polizei herrsche.
Nach der sehr interessanten Einführung des Kollegen Zahn ging es dann erst einmal auf eine Besichtigungstour durch die Liegenschaft. Besonders interessant waren der Kontrast zwischen alt und neu, die schiere Größe des Geländes, die vielen Baustellen und die Erklärungen was noch wo und wie entstehen würde. Ein gutes Beispiel stellt das so genannte Polizei Training Zentrum (PTZ) dar, welches in der ehemaligen Bowlinghalle entsteht. Besser müsste man eigentlich von drei PTZ sprechen, die es ermöglichen sollen, dass eine Mehrzahl von Klassen gleichzeitig üben kann. Wachen, Bahnsteig, Gleise, das Modell eines A 320, all das soll den Auszubildenden später ein umfangreiches Training ermöglichen.
(Ein Blick ins Lehrsaalgebäude 2 zeigt, dass hier eine Menge Optimismus notwendig um anzunehmen, dass alles pünktlich zum 1.3.17 fertig sein wird)
(Das ehemalige Bowling Center wird zum PTZ; wo jetzt noch Stufen und Sträucher sind, wird bald ein Bahnsteig mit einem originalen Doppelstock -Regionalexpress der DB AG stehen)
Ein nicht weniger interessanter Ort ist die Sporthalle. Wie schon auf dem Bild zur Schlüsselübergabe erkennbar, ist die richtig groß. Die ist sogar so groß, dass im Obergeschoss eine 200 m Rundlaufstrecke eingerichtet ist. Was noch fehlt ist ein Kraftraum, aber der Platz ist da und das Vorhaben geplant.
(Das Bild zeigt die Sporthalle und die im ersten OG verlaufende 200m Bahn)
Nach diesen ersten interessanten Eindrücken ging es dann in das Gespräch mit dem Leiter des AFZ, Herrn PD Thomas Lehmann.
(v.l.n.r. Jürgen Schneider, Thomas Mischke, Thomas Lehmann, Ralph Steckel)
In dem sehr offenen und interessanten gut zweistündigen Gespräch wurde über die starke Belastung der Fachlehrer, über die notwendige Ausstattung, die Möglichkeit für Fachlehrer sich trotz der Dauerbelastung auch auf Auslandsverwendungen bewerben zu können, über die Vorstellungen des BDK zu einer Ausbildungsreform, über die Schaffung eines kriminalistischen Aus- und Fortbildungszentrums und die Kooperation mit der bayerischen Landespolizei, die ja ebenfalls Liegenschaften am Gelände unterhält gesprochen. Kurz und gut, ein interdisziplinärer kommunikativer Rundumschlag nahm seinen Lauf in dem alle Beteiligten ihre Punkte zur Sprache brachten und der in lockerer und sehr kollegialer Atmosphäre verlief, auch wenn natürlich nicht in jedem Punkt zwischen den „Parteien“ Einigkeit erzielt werden konnte.
Am nächsten Tag gab es dann einen Austausch mit der Fachgruppe Kriminalitätsbekämpfung. Hier hatte deren Leiter, Peter Rinn hervorragende Vorarbeit geleistet und so konnten wir gut zwei Stunden mit dem Team zusammensitzen und uns über verschiedene Facetten der Aufgabe informieren. Im Gedächtnis geblieben ist auf jeden Fall die hohe Belastung der Kolleginnen und Kollegen, die obwohl Fortbildung praktisch noch nicht stattfindet, neben ihren Ausbildungsstunden intensiv in die Baumaßnahmen, das Entstehen und die Ausstattung der spezialisierten Räume (KT, Urkunden, etc.) eingebunden sind und so einer Aufgabe nachgehen, die wohl in keiner Stellenbeschreibung nachzulesen ist.
(Der Fachbereich KB)
Wir hatten am Ende jedenfalls den Eindruck, dass hier ein sehr motiviertes Team eine sehr anspruchsvolle Aufgabe erledigt. Gefallen hat uns, dass es den einzelnen Fachlehrern, soweit machbar, ermöglicht wurde, sich in die Themen einzubringen, wo sie Expertise bzw. Interesse hatten.
In einer sehr offenen und interessanten Diskussion stellen wir die Kripo-Akademie und unsere Vorstellungen zu einer spezialisierten Ausbildung vor.
Breiten Raum nahm die Diskussion über die vom BDK forcierte „Y-Ausbildung“ oder eine spezialisierte Ausbildung ein. Die Grundidee dabei ist, dass die Anwärter / Studenten zunächst das 1. Jahr und zweite Jahr gemeinsame Themen erlernen, im letzten Abschnitt aber gezielt auf ihre jeweilige Erstverwendung vorbereitet werden umso die ansonsten stets notwendige „Anpassungsfortbildung“ in der Erstverwendung zu vermeiden. Nach Ansicht des BDK lassen die extrem knappen Fortbildungsressourcen die Abkehr vom bisherigen System notwendig erscheinen. Bei diesem Thema wurde es sehr intensiv und lebendig weil hier die Meinungen teilweise stark auseinandergingen. Jedenfalls war es für den BDK sehr interessant und hilfreich die verschiedenen Facetten zu diskutieren.
Die Reise hat uns eine Menge Erkenntnisse vermittelt und viele Fragen beantwortet.
Kritisch anmerken muss man bei aller Anerkennung über das Erreichte und die tolle Motivation der Mitarbeiter, dass diese Mammutaufgabe nicht ohne Qualitätsverluste von statten gehen wird. Ein derartiger Durchlauf, organisiert in so kurzer Zeit, herausgeschnitten aus einer seit vielen Jahren überlasteten Organisation, gestemmt von Kolleginnen und Kollegen die vielfach nicht aus dem Ausbildungsbereich kommen, einhergehend mit den zahllosen Logistikproblemen und der Notwendigkeit ständiger Improvisation werden auf Dauer an den Nerven selbst der motiviertesten Beschäftigten zehren. Wir hoffen, dass die Anwärterschwemme ab März diesen Jahres auch mit einer Stammpersonalschwemme einhergehen wird, damit die ständige Überlastung einer angenehmeren Dauerbelastung weichen wird, wie sie leider in unserer gesamten Bundespolizei mittlerweile zur Normalität geworden ist.