BDK bei Panorama 3: „Hamburg, ein „El Dorado“ für Betrüger?
20.01.2015
Mit der im letzten Jahr bei der Hamburger Kriminalpolizei vorgenommenen Zentralisierung der Betrugssachbearbeitung wurde erheblich Personal eingespart, was zu einer riesigen Vorgangshalde geführt hat. Um rd. 500 Vorgänge wächst diese Halde (derzeit rd. 3.000) monatlich an. Die Bearbeitung von Betrugsvorgängen erfolgt deshalb erst mit einer mehrmonatigen Verzögerung. „Für den Ermittlungserfolg, die Aufklärung der Straftat, ist das eine Katastrophe“, so Jan Reinecke, „denn insbesondere die bei Betrugsstraften wichtigen Spuren im Internet werden Dank fehlender Vorratsdatenspeicherung bereits nach wenigen Tagen gelöscht.“ Für die Lösung des Problems möchte sich die Hamburger Polizei an dem Modell der Berliner Polizei orientieren: Betrugsfälle werden dort nach einem Baukasten-system entweder standardisiert oder qualifiziert bearbeitet. Besonders heikel, Schadenssummen dienen mitunter als Richtwert der kriminalpolizeilichen Ermittlungsintensität. Für Reinecke ergeben sich aus den Plänen der Hamburger Polizei fatale Konsequenzen, die die Hamburger Bürger schnell zu spüren bekommen werden: „Die kriminalistische Kreativität, die Grundlage jeder qualifizierten Kriminalitätsbekämpfung, wird durch vordiktierte Baukastensysteme absterben. Die Aufklärungsquote von Betrugsfällen wird zweifelsfrei sinken. Zudem dürfte es sich in Täterkreisen schnell herumsprechen, dass Betrugssachverhalte in Hamburg nur noch unter bestimmten Bedingungen (Schadenssummengrenzen etc.) qualifiziert bearbeitet werden, was unweigerlich zu einem Anstieg von Betrugsfällen und Betrugsopferzahlen in Hamburg führen wird“.„Wo liegen die Ursachen?“ fragt Jan Reinecke und gibt auch gleich die Antwort: „In der örtlichen Kriminalitätsbekämpfung, aus der die Betrugssachbearbeitung herausgetrennt und zentralisiert wurde, fehlten und fehlen mindesten 150 Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamte. Ferner steht auf Grund des Sparwahns für die viel zu wenigen Ermittlerinnen und Ermittler nicht genügend Büroraum zur Verfügung. Die kriminalistisch sinnvolle und für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt positive Neuorganisation der örtlichen Kriminalitätsbekämpfung macht diese von den Verantwortlichen zuvor immer wieder versteckten Mängel endlich deutlich!“ Aber für die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist das aus der Sicht von Innensenator Neumann kein Problem. Hat die Politik bundesweit doch entschieden, Taten im Internet nur noch dann in der PKS zu erfassen, wenn sich eindeutig beweisen lässt, dass der Täter in Deutschland gehandelt hat. Wenn die Polizei aber nicht ermitteln kann, wo der Tatcomputer stand, was bei der Internetkriminalität fast unmöglich ist, wird diese Tat in der Statistik nie berücksichtigt werden. „So“, äußert sich Jan Reinecke verärgert, „kann man die Statistik natürlich auch verbes-sern und dem Bürger suggerieren, man hätte die Bekämpfung des Cybercrime im Griff! Wer die Internetkriminalität insbesondere im Betrugssektor derart vernachlässigt, ignoriert die Kriminalität von morgen, die bereits heute begonnen hat.“ Link zum NDR-Programmhinweis: