BAG zur Einladung von Schwerbehinderten bei Vorstellungsgesprächen und der Möglichkeit des Verzichts seitens Bewerber
26.11.2020
Leitsatz: Die in § 82 Satz 2 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung) bzw. § 165 Satz 3 SGB IX (in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung) bestimmte Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Stellenbewerber/innen zum Vorstellungsgespräch einzuladen, gehört zu den Pflichten des Arbeitgebers, mit denen kein individueller Anspruch bzw. kein individuelles Recht der jeweiligen schwerbehinderten Bewerber/innen auf eine Einladung korrespondiert, auf den bzw. auf das diese rechtswirksam verzichten könnten.
Zum Sachverhalt: Aus dem Satz im Bewerbungsschreiben „Bitte laden Sie mich nur dann zu einem Vorstellungsgespräch ein, wenn Sie mich in die engere Wahl nehmen, alles andere macht m. E. wenig Sinn.“ leitete der Arbeitsgeber ab, dass die schwerbehinderte Bewerberin (ebenfalls aus dem Bewerbungsschreiben: „Auch die Tatsache, dass ich schwerbehindert bin, ist keinesfalls ein Indiz dafür, dass ich unfähiger bin als andere, eine gute Arbeit abzuliefern.“) einen Verzicht auf Ihre Rechte im Auswahlverfahren auf Einladung ab.
Die Pflicht des Arbeitsgebers erstreckt sich auf eine intensive Prüfung, ein Abweichen ist nur dann möglich, wenn die/der Bewerbende offensichtlich fachlich nicht geeignet ist.
Dazu RN40: „„Offensichtlich” fachlich nicht geeignet ist, wer „unzweifelhaft” insoweit nicht dem (fachlichen) Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht. Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können (vgl. etwa BAG 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 - Rn. 36 mwN, BAGE 156, 107). Lassen allerdings bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen (vgl. BAG 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 - Rn. 37 mwN, aaO).“
Das BAG stellte nunmehr klar, wie mit einer Verzichtserklärung des Bewerbers umzugehen ist – auf den Punkt gebracht, ist sie nicht maßgeblich für Prüfung und Einladung. Der Bewerber kann die Einladung selbst natürlich dann ausschlagen.
Fundstelle(n):
- Bundesarbeitsgericht, Entscheidung im Volltext