Auf Spurensuche: Die Kriminalpolizei als Randnotiz im Koalitionsvertrag?
08.12.2024
Die Brandenburger Regierungskoalition steht. Auf 68 Seiten hat die neue Koalition die Ziele ihrer gemeinsamen Regierungsarbeit fixiert. Der Koalitionsvertrag enthält eine Vielzahl an Maßnahmen zur Stärkung der Polizei in Brandenburg, die zunächst vielversprechend wirken. Aus der Perspektive des Bunds Deutscher Kriminalbeamter offenbaren sich jedoch bei näherer Betrachtung Defizite, die insbesondere die Kriminalpolizei betreffen.
Neue Stellenzielzahl von 9.000 Polizeibediensteten
Positiv ist zunächst zu werten, dass die Regierungskoalition mehr Stellen in der Polizeibehörde selbst schaffen möchte. Die rund 700 zusätzlichen Stellen – eine Erhöhung von bisher 8.300 auf sodann 9.000 Polizeibedienstete - sind dringend notwendig. Gleichzeitig kann dieses Vorhaben aus Sicht des Bund Deutscher Kriminalbeamten nur ein Etappenziel sein. Denn die Herausforderungen im Bereich der organisierten Kriminalität nehmen genauso zu wie jene im Bereich der Massenkriminalität. Die Personallage wird sich auch durch den zu erwartenden Anstieg an Pensionseintritten verschärfen. Nicht zu verachten ist ebenfalls, dass die geplante Digitalisierung der Polizeiarbeit und speziell die zukünftige Einbindung von Künstlicher Intelligenz kurzfristig einen Mehrbedarf an Personal mit sich bringt. Bringt man dies nunmehr in Verbindung, lässt das Vorhaben Zweifel aufkommen, ob die zusätzlichen Stellen einen unmittelbaren und entlastenden Effekt auf die Polizeibediensteten haben werden.
Quantität vor Qualität?
Der Fokus auf eine allgemeine Personalaufstockung ist ein wichtiger Schritt, doch die Qualität der Arbeit bleibt in vielen Bereichen auf der Strecke. Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung hat es Brandenburg immer noch nicht geschafft, einen spezialisierten Ausbildungszweig für die Kriminalpolizei einzuführen. Diese Lücke ist umso gravierender, da Kriminalitätsphänomene immer komplexer und technischer werden. Im Koalitionsvertrag fehlen konkrete Ansätze, wie Fachkräfte für die Kriminalpolizei ausgebildet und weiterqualifiziert werden sollen. (NRW macht es vor)
Nachwuchsprobleme: Gute Ansätze, unklare Umsetzung
Die Koalition setzt auf eine Intensivierung der Ausbildung und möchte Quereinsteiger für den Polizeidienst gewinnen. In der Theorie klingt das vielversprechend. Doch bleiben entscheidende Fragen offen. Wie soll die Polizei dieses Ziel erreichen können, wenn die Hochschule der Polizei bereits seit Jahren an ihre bisherigen Kapazitätsgrenzen stößt? Und wenngleich ein Ausbau der Hochschule der Polizei in Bezug auf das Personal und die Sachmittel gelingt, ist fraglich, wie die Polizei der zunehmend brisant werdenden Mangellage an geeigneten Bewerbenden begegnen möchte. Wie kann gezielt Nachwuchs für die Kriminalpolizei gewonnen werden, ohne spezifische Maßnahmen zu ergreifen? Eine schlüssige Strategie, die gezielte Wege in die Kriminalpolizei schafft, lässt der Vertrag vermissen. Auf die behördliche Ausformulierung des strategischen Vorgehens darf man gespannt sein.
Das Wort „Kriminalpolizei“ sucht man im Koalitionsvertrag vergebens
Der Koalitionsvertrag bleibt auffallend vage in Bezug auf die spezifischen Herausforderungen und Bedarfe der Kriminalpolizei. Das Wort „Kriminalpolizei“ sucht man vergeblich. Zwar werden Aspekte wie „Ermittlungskompetenzen für Internetkriminalität“, die Bedeutung moderner Technik und Maßnahmen zur Stärkung der Kriminalprävention hervorgehoben, doch eine gezielte Förderung der Kriminalpolizei und ihrer spezialisierten Arbeit bleibt weitgehend unbeachtet. Dabei steht gerade diese Einheit vor immensen Herausforderungen – von Cyberkriminalität bis hin zu organisierter Kriminalität. Ohne eine klare Strategie, wie spezialisierte Ermittlungsarbeit gestärkt werden soll, läuft die Polizei Gefahr von den rasanten Entwicklungen moderner Kriminalität noch weiter abgehängt zu werden.
Fazit: Eine verpasste Chance für die Kriminalpolizei
Die Maßnahmen der Brombeerkoalition setzen an vielen wichtigen Punkten an, doch aus Sicht des BDK bleibt die Kriminalpolizei als spezialisierte Einheit stark unterrepräsentiert. Die richtigen Impulse – Personalaufstockung und technische Modernisierung – sind da, aber sie greifen zu kurz. Was fehlt, ist ein klares Bekenntnis zu einer fachlich starken, spezialisierten Kriminalpolizei. Der Vertrag müsste um konkrete Maßnahmen ergänzt werden, die eine gezielte Ausbildung, Spezialisierung und Weiterentwicklung der Kriminalpolizei ermöglichen. Nur so könnte Brandenburg zukünftig in die Lage versetzt werden, den wachsenden Herausforderungen moderner Kriminalität effektiv zu begegnen.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter bietet den beteiligten Akteuren in Politik und Polizeibehörde seine aktive Unterstützung in der Planung, Gestaltung und Umsetzung von kriminalpolizeilichen Vorhaben an.