Attraktivität der Kriminalpolizei Rheinland-Pfalz – was ist bislang geschehen?

01.11.2017

Im Frühjahr des Jahres 2016 beschrieb der BDK die Situation der rheinland-pfälzischen Kriminalpolizei in einem umfassenden Positionspapier. Niemand widersprach dieser Darstellung, viele Verantwortliche in der Polizei sowie der Politik erkannten die dringende Notwendigkeit, die „Attraktivität der Kriminalpolizei“ zu thematisieren und Maßnahmen zur Steigerung dieser zu initiieren.
Attraktivität der Kriminalpolizei Rheinland-Pfalz  – was ist bislang geschehen?

Nach deutlich mehr als einem Jahr Diskussionen wird es Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen – insbesondere weil einige freigestellte Gewerkschaftsfunktionäre das Thema nicht mehr auf der Agenda haben wollen. Nach deren Meinung wurde darüber ausreichend gesprochen! Deshalb stellt der BDK den tatsächlichen Stand zum 01.11.2017 dar:

 

1.   Abschluss der Evaluation der Organisationsveränderung 2012 und Organisationsanpassung

 

Unter Leitung von Herrn Polizeipräsidenten Michael Denne legte die AG „Organisationsüberprüfung K“ einen Ergebnisbericht vor, der in einer Behörden- und Einrichtungsleiterbesprechung erörtert und dessen Umsetzung vorgeschlagen wurde. Daraus resultierte, unter Beteiligung des HPR, ein Vorschlag für eine Organisationsanpassung an Herrn Staatsminister Roger Lewentz,  die spätestens im 2. Quartal 2017 umgesetzt werden sollte. Bis heute liegt diese jedoch auf Eis. Angeblich – so die bislang bekannte inoffizielle Begründung – würden damit zu viele „neue“ Führungsstellen bei der Kriminalpolizei geschaffen. Dass diese Führungsstellen bei der Optimierung im Jahr 2012 komplett gestrichen wurden, bleibt dabei unberücksichtigt.

Transparenz hierzu:  Fehlanzeige!

Die Kriminalpolizei betreffend sprechen einige freigestellte Gewerkschaftsfunktionäre und Führungskräfte schnell von „Kleinstkommissariaten“, deren Neugründung nicht zu vertreten wäre. Beim PP ELT waren geringe Führungsspannen wegen der besonderen Fachlichkeit scheinbar kein diskussionswürdiger Aspekt. Alle diese Stellen wurden zwischenzeitlich durchgewunken.

Hinsichtlich der Diskussion K wird immer unter dem Blickwinkel der Personalstärke, nicht jedoch unter dem Aspekt  fachlicher Erfordernisse / Spezialwissen argumentiert.

Zwischenfazit: Der Prozess wird ohne Transparenz begleitet; die zwingend notwendige Umsetzung wird trotz BuE-Leiter-Entscheidung blockiert. Fachlichkeit bei K scheint keinen hohen Stellenwert zu haben.

 

2.   Verstärkung der Bereiche Cybercrime, Wirtschafts-kriminalität und Digitale Forensik

Die Einstellungen von solchen Spezialisten sind erfolgt, sowohl auf der Ebene Tarifstellen als auch Verwaltungsbeamte.

Zwischenfazit: Diese Maßnahme greift weitgehend, wenngleich die Möglichkeiten der Besoldung dieser Experten scheinbar nicht durchgehend attraktiv zu sein scheinen. Vor allem im Rhein-Main-Gebiet sind Experten mit den Entgeltstufen E 10/E 11 nicht zu halten; insbesondere im Vergleich zur Besoldung von anderen Sicherheitsbehörden (z. B. BKA, LKA Hessen). Rheinland-Pfalz hat in diesem Punkt dringenden Nachholbedarf.

Arbeitssuchende informieren sich grundsätzlich über die Verdienstmöglichkeiten. Dabei werden sie feststellen, dass innerhalb der Bundesländer kein einheitliches  Gehaltsgefüge existiert und Rheinland-Pfalz in der Skala einen der hinteren Plätze einnimmt. Gerade Bewerber aus Städten entlang der Landesgrenze werden sich überlegen im eigenen Bundesland zu bleiben. Den Bundesbehörden kommt dabei eine  besondere Rolle zu. Zum einen stellen sie verstärkt ein und zum anderen heben sich deren Gehälter deutlich von denen des Arbeitgebers  Rheinland-Pfalz ab.

 

3.   Entlastung kriminalpolizeilicher Sach-bearbeiter von administrativen Tätigkeiten durch die Einstellung von Tarifbeschäftigten für die Kommissariate (Angestelltenprogramm)

Die Einstellung von Tarifbeschäftigen ist in Teilbereichen erfolgt.

Zwischenfazit: Diese Maßnahme ist sinnvoll, allerdings nicht durchgreifend umgesetzt. Eine Entlastung der Kommissariate erfolgte in Teilbereichen.

 

4.   Unmittelbare Versetzung zur Kriminalpolizei nach Studienabschluss

Der unmittelbaren Versetzung zur Kriminalpolizei wurde eine Absage erteilt. Nach einer BuE-Besprechung wurde beschlossen, an einer Mindestverweildauer bei der Schutzpolizei von zumindest 6 Monaten festzuhalten.

Zwischenfazit: Trotz der Diskussion wurde die Rahmenrichtlinie (noch) nicht modifiziert. Demnach gilt im Grundsatz weiterhin die zweijährige Verwendungsdauer im polizeilichen Einzeldienst. Sofern daraus nicht eine ausreichende Anzahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerbern generiert werden kann, gilt die 6-monatige Verweildauer. Im Ergebnis muss die Rahmenrichtlinie modifiziert werden. Zwei Mindestverweilzeiten machen keinen Sinn.

  

5.   Prüfung der Wiedereinführung der sogenannten „Kleidergeld-Pauschale“ oder einer „K-Zulage“

Zwischenfazit: Eine Prüfung hierzu fand nicht statt. Fakt  ist, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen auch auf finanzielle Aspekte achten.  Dabei spielt der finanzielle Unterschied zwischen Schicht- und Tagesdienst durchaus eine Rolle.

 

 6.  Arbeitsschutzbekleidung für die 

    Kriminalpolizei

Eine Arbeitsgruppe unter Leitung des stellvertretenden LKA-Präsidenten Achim Füssel legte einen Abschlussbericht zur Arbeitsschutzbekleidung bei der Kriminalpolizei vor. Dieser Abschlussbericht ist bis heute nicht vollständig zwischen dem MDI und dem HPR abgestimmt.

Zwischenfazit: Etliche Beschaffungsmaßnahmen sind bereits initiiert; einige sind offenbar ohne Beteiligung der AG gestrichen worden, andere werden noch diskutiert wie z. B. die Anschaffung von Arbeitsschuhen (Standardschuh der Schutzpolizei) für operative Kräfte der Kriminalpolizei. Für die K3- und K6-Kräfte sah die AG aus Gründen des Arbeitsschutzes sogar besonders geschützte Schuhe vor.

  

7.   Einführung einer fachspezifischen Ausbildung für die Verwendung bei der Schutz- und Kriminalpolizei

Der BDK legte einen dezidiert ausgearbeiteten und transparent dargelegten Vorschlag zur Einführung einer fachspezifischen Ausbildung für die Kriminalpolizei vor[1]. Dieser Vorschlag erfolgte aus der Analyse der bisherigen Ausbildung, den erkannten Defiziten sowie den aktuellen Veränderungsprozessen um das PP ELT. Eine Vielzahl von Gesprächen und Besprechungen folgte; so u. a. ein Auseinandersetzen mit der Thematik im Kreis der Behörden- und Einrichtungsleiter und einer entsprechenden Beschlussfassung im Sinne einer fachspezifischen Ausbildung.

Zwischenfazit: Die fachspezifische Ausbildung bei der Schutzpolizei gibt es längst. Diese Ausbildung ist zeitgemäß und legt die wesentlichen Grundlagen für die schutzpolizeiliche Praxis. Die Notwendigkeit einer fachspezifischen Ausbildung für die Kriminalpolizei wird von einigen mit dem Hinweis auf die spartentrennende „Y-Ausbildung“ schlicht negiert. Einer offenen und transparenten Diskussion stellt man sich nicht.                  Die Folge: Kolleginnen und Kollegen sind mit ihrer bisherigen Ausbildung nicht ausreichend auf die Kriminalpolizei vorbereitet (z. B. fehlt ein umfangreiches Vernehmungstraining sowie das Befassen mit der OK und der PMK).

Der BuE-Beschluss wird erkennbar ignoriert. Als Alternative zu einer durchgreifenden Diskussion erfolgt die geringfügige Modifizierung der aktuellen Ausbildung. Diese letztgenannte Diskussion ist zwingend erforderlich, ersetzt allerdings nicht die Befassung mit der Grundsatzthematik. Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass viele Bundesländer das Erfordernis einer fachspezifischen Ausbildung der Kriminalpolizei erkannt haben und diese im Rahmen der Ausbildung bzw. durch einen Direkteinstieg bei der Kriminalpolizei realisiert haben.  Die Erfahrung dieser Länder zeigt, dass über einen solchen Weg Bewerberinnen und Bewerber gewonnen werden, die sich ansonsten nicht bei der Polizei beworben hätten.

 

Das Gesamtzwischenfazit des BDK fällt daher sehr differenziert aus. Viele Maßnahmen sind begonnen, einige Themen sind lediglich diskutiert und wieder andere  scheinen im Dschungel von gewerkschaftspolitischen Interessen verloren zu gehen. Die „Attraktivität der Kriminalpolizei“ wurde über viele Jahre nicht thematisiert. Dies hatte auch zur Folge, dass die Bewerberzahlen zu K in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgingen.

Um wirkliche Veränderungen der Attraktivität zu erreichen, müssen Maßnahmen auch umgesetzt werden. Das bedingt eine mittel und langfristige Auseinandersetzung  mit der Thematik „Attraktivität der Kriminalpolizei“.

 

Der Landesvorstand