Artikel: Die Drogenszene verändert sich
02.06.2017
Cannabis wird an allen Drogenbrennpunkten verkauft und ist die „Hauptdrogenart in der öffentlich wahrnehmbaren Drogenkriminalität“ – deren Bekämpfung die Polizei Anfang 2016 mit der Einrichtung einer Task Force eingeleitet hatte. Die Ergebnisse der Ermittlungsarbeit: Als Erfolg könne sich die Polizei zugute halten, dass die betroffenen Stadtteile St. Pauli, St. Georg und die Sternschanze wieder bewohnbarer seien, erklärte Arne S. vom LKA 61. Gleichzeitig sei der Drogenhandel konspirativer geworden. Er sei noch immer da, aber an anderen Orten und weniger sichtbar.
Der Cannabis-Verkauf ist nicht das einzige Problem: Kokain, vor allem aus den Niederlanden, macht Hamburgs zweitgrößten Drogenmarkt aus, wird vor allem rund um die Reeperbahn gehandelt. Alarmierend ist zudem der leichte Anstieg bei den Heroin-Verstößen: Es seien auch Zuwanderer aus dem Nahen Osten, die die Zahlen nach oben trieben, die ihre Sucht mitbrachten. Zentraler Ort des Heroin-Handels ist das Drob Inn in St. Georg, wo die Droge im Konsumraum gespritzt wird.
Hinzu kommen lokal produzierte synthetische Drogen wie MDMA und Methamphetamin, die fünf Prozent der Fälle ausmachen, und neue psychoaktive Stoffe, die „Legal Highs“ genannt als Badesalze oder Kräutermischungen verkauft werden und schon Todesfälle ausgelöst haben. Ende Oktober kollabierten acht Personen am Drob Inn nachdem sie K2, eine Art synthetisches Marihuana, konsumiert hatte.
SPD-Sozialsenatorin Melanie Leonhard betonte mit Blick auf die Debatte um Cannabis-Legalisierung, das Thema habe einen so weitreichenden gesellschaftlichen Impetus bekommen, dass man sagen könnte, „lass es uns einfach freigeben“, so Leonhard. „Auf der anderen Seite weiß ich aber auch, dass wir ganz extreme Problemlagen im frühen Jugendalter haben, nach langjährigem Cannabiskonsum.“ Insbesondere beim Thema Handeln gegen Jugendgewalt sei die Behörde immer wieder auch mit Fällen konfrontiert, in denen verfestigter Drogenkonsum eines der Probleme ist.
Der repressive Ansatz der Polizei müsse immer durch Präventionsmaßnahmen ergänzt werden. Leonhard verwies auf erweiterte Öffnungszeiten in Konsumräumen wie Drob Inn oder Stay Alive in Altona – wobei letzteres aktuell in die Schlagzeilen geraten ist, weil die Szene unweit der Großen Bergstraße floriert und auf Nebenstraßen ausweicht, statt unter Aufsicht und hinter geschlossenen Türen zu konsumieren.
Die Szene habe sich verändert, betonte Leonhard, auch aufgrund der Zuwanderung. Zuwanderer seien nicht nur unter den Konsumenten, sondern auch unter den Dealern zu finden. Zudem habe es die Stadt mit einer neuen Zielgruppe zu tun: Drogenabhängige aus Osteuropa, denen aufgrund der Gesetzeslage keine Hilfsangebote gemacht werden könnten, die ohne Zugang zu Therapien oder Sozialhilfe blieben und als letztes Mittel zurückgeführt würden – mit für sie ungewisser Perspektive.
Weblink:
https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article165136140/Die-Drogenszene-veraendert-sich.html