Anderen helfen, da habe ich was dagegen – aber wer hilft mir, wenn ich Hilfe brauche?
08.08.2024
Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht die in der Pressemitteilung 1) enthaltenen Zahlen kommentieren, da dies durch die Presse ausreichend erfolgen wird. Ich möchte aber ins Bewusstsein rufen, was eigentlich hinter dem Thema steckt. Ich versuche das mit wenigen Worten.
Seit zwei oder drei Jahren ist das Thema der zunehmenden Gewalt gegen Einsatzkräfte präsenter geworden. Es gab Treffen zwischen der Innenministerin und den Hilfsorganisationen. Ein guter Ansatz mit guten Gesprächen. Beim ersten Treffen in den Räumen der Johanniter war ich dabei, bei dem zweiten Treffen unser stv. Landesvorsitzender Jörn Memenga. Es waren jeweils tolle Veranstaltungen. Den Anwesenden wurden erst einmal durch die Berichte der verschiedenen Hilfsorganisationen und später der Feuerwehr und der Polizei bewusst, was sich wirklich dahinter verbirgt.
Es sind nicht eben „nur“ die Angriffe während der Silvesterfeierlichkeiten. Das Thema ist seit langem im Alltag angekommen. Es geht hier nicht um kleine Rangeleien. Nein. Es handelt sich insbesondere um massive Angriffe auf meist ehrenamtliche Helfer, die in Not geratenen Menschen helfen wollen. Fiese Pöbeleien und abartige Beleidigungen, auch verbunden mit direkten körperlichen Angriffen, waren und sind keine Seltenheit.
Und das nicht nur auf der Straße. Teilweise müssen eingesetzte Hilfskräfte, aber auch Notaufnahmen unserer Krankenhäuser durch die Polizei geschützt werden. Unglaublich, so ein Verhalten derjenigen, die ohne Sinn und Verstand und vor allem ohne jeden Grund unsere Hilfeleistenden angreifen.
Heute wurden Zahlen vorgestellt. Das ist das eine. Wir wissen aber aus Gesprächen mit Betroffenen, dass viele Dinge gar nicht mehr angezeigt werden. Dass verbale Attacken „einfach so hingenommen werden“.
Nein, das ist der falsche Weg. Jede Kleinigkeit gehört angezeigt. Nur so merken die Täter, was sie da angestellt haben.
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Wahlmann, ich denke, wir haben ausreichend Gesetze für solche Fälle. Warum werden die nicht konsequent angewandt? Warum nicht beschleunigte Verfahren mit harten, aber wirkungsvollen Strafen durchführen? Da reichen „Stubenarrest und Fernsehverbot“ nicht mehr aus. Die Angreifenden müssen merken, was sie da tun.
Sehr geehrte Frau Ministerin Behrens: Bitte setzen Sie sich weiter nachdrücklich für diese Ziele ein. Sie stehen hinter Ihrer Polizei, der Feuerwehr, den Rettungsdiensten und den Hilfsorganisationen. Denken Sie bitte an diejenigen, die in diesen Organisationen ihren Beruf ausüben, um anderen Menschen zu helfen. Und an die vielen Freiwilligen, die im Ehrenamt, in ihrer Freizeit ihre Zeit gerne opfern, um anderen Menschen zu helfen. Unterstützen Sie uns bitte weiter mit großem Nachdruck.
Und noch ein Wort an die Täterinnen und Täter: Was ist, wenn du Hilfe brauchst, schwer verletzt oder in Not bist? Und niemand kommt um dir zu helfen?
Helfen solche Apelle noch? Oder wirklich nur harte Strafen? Wie muss wirksame Präventionsarbeit aussehen?
Wir können den Appell von Innenministerin Behrens nur umfassend unterstützen:
„Das Problem der Angriffe werden wir nicht alleine durch polizeiliche oder staatliche Maßnahmen lösen können. Vielmehr braucht es eine gesamtgesellschaftliche Ächtung dieses Verhaltens. Wir können und dürfen es nicht akzeptieren, dass einzelne ihren Frust und ihre Aggressionen an denen auslassen, die jeden Tag im Einsatz sind, um uns zu schützen und zu helfen!“
Stefan Franz
Stv. Landesvorsitzender
Hierzu auch im NDR: "Niedersachsen: Gewalt gegen Einsatzkräfte weiterhin ein Problem" (Erg. 09.08.24)
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Niedersachsen-Gewalt-gegen-Einsatzkraefte-weiterhin-ein-Problem,gewalt750.html
Lesetipp:
"Angriffe auf Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte – woher kommt dieser Hass?"
und
"Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte – personifizierte Hassobjekte"
in: "DER KRIMINALIST" Ausgabe 11/2023
https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/publikationen/der-kriminalist/der-kriminalist-11-2023