Anbau- und Erntegemeinschaften – Kiffen im Verein? Das neue Eckpunktepapier der Bundesregierung zum Genusscannabis

02.05.2023

der kriminalist, Editorial 5/2023
Herbal Hemp - Pixabay

„Kiffen im Vereinsheim“ – so titelten manche Artikel nach der Vorstellung des 2. Eckpunktepapiers mit dem Namen „Club Anbau & Regional-Modell, kurz: CARe“ durch den Bundesgesundheitsminister am 12.04.23. Wenngleich diese Schlagzeile bei Leserinnen und Lesern natürlich Aufmerksamkeit erzeugte, überzeichnet sie die Bemühungen der Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag vereinbarte kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken umzusetzen.

Bereits die erste Durchsicht des vierseitigen Papieres ließ erahnen, dass man offensichtlich „zurückrudern“ musste. Von der flächendeckenden Einführung von Abgabestellen für Cannabis, die noch Gegenstand des im letzten Jahr vorgelegten 1. Eckpunktepapiers waren, ist man abgerückt und möchte nun den Anbau und die Abgabe von Cannabis in sogenannten nicht-gewinnorientierten Vereinigungen (Cannabis-Clubs) erlauben. In einem weiteren Schritt soll sodann die Abgabe von Cannabis in einzelnen, lizensierten Fachgeschäften im Rahmen von Modellvorhaben gestattet werden.

Erwartungsgemäß scheint der Bundesgesundheitsminister hiermit auf die erheblichen Bedenken reagiert zu haben, die bei der Vorlage des ersten Eckpunktepapiers im letzten Jahr seitens der EU vorgebracht wurden. Die Richtungsänderung der Bundesregierung beim Genusscannabis wurde auch dadurch deutlich, dass neben Bundesgesundheitsminister Lauterbach auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir der Veröffentlichung beiwohnte, um das geplante 2-Säulen-Modell zu erläutern. Die (vorläufige) Abkehr von der industriellen Produktion hin zur Fokussierung auf den gemeinschaftlichen und privaten Eigenanbau hat sicher auch für Ernüchterung bei den Unternehmen gesorgt, die sich Hoffnungen auf eine Teilhabe an dem zu erwartenden Milliardengeschäft mit der Produktion von Genusscannabis machten.

Umso mehr waren die Minister Lauterbach und Özdemir bemüht, ihre Pläne als Weiterentwicklung des ersten Eckpunktepapiers zu bezeichnen und die Hoffnung zum Ausdruck zu bringen, damit dem völker- und europarechtlichen Rahmen zu entsprechen.

Neben der ersten Säule des Modells, der Regelungen zum „privaten und nicht kommerziellen Eigenanbau“ zu entnehmen sind, werden in der zweiten Säule die Rahmenbedingungen zu „regionalen Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten“ beschrieben.

Die Vielfalt des Vereinslebens in Deutschland könnte also künftig um diverse „Cannabis-Clubs e.V.“ ergänzt werden, die in ähnlicher Form in anderen Ländern der EU bereits seit längerem bestehen. Die „klar definierten gesetzlichen Rahmenbedingungen“ dieser Anbau- und Erntegemeinschaften sehen für Erwachsene eine Abgabe von maximal 25 Gramm auf einmal, oder höchstens 50 Gramm (unter 21-jährige maximal 30 Gramm) pro Monat an Vereinsmitglieder vor, wobei eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen verboten ist. Die maximale Anzahl der Mitglieder eines Clubs soll auf 500 Mitglieder begrenzt werden, das Mindestalter beträgt 18 Jahre. Das „Kiffen im Vereinsheim“ soll untersagt werden, ebenso wie der öffentliche Konsum in der Nähe von Schulen, Kitas oder in Fußgängerzonen bis 20 Uhr.

Diese Vorgaben zum Vereinsmodell werden ergänzt durch die Einführung eines straffreien Besitzes von bis zu 25 Gramm Cannabis und die Erlaubnis eines privaten Eigenanbaus von bis zu 3 weiblichen blühenden Pflanzen.

Wir warten nun gespannt auf die Vorlage eines Gesetzentwurfs zur ersten Säule (privater und nicht kommerzieller Eigenanbau von Cannabis), den die Bundesregierung für „Anfang April 2023“ angekündigt hat. Der BDK wird sich auch in das weitere Gesetzgebungsverfahren konstruktiv einbringen. Vorwegnehmen darf ich allerdings jetzt schon, dass das Vorhaben in der beabsichtigten Form sicher viele Konsequenzen haben, aber auf keinen Fall dazu führen wird, dass der „Schwarzmarkt sich schwarz ärgert“, wie es Bundesgesundheitsminister Özdemir formulierte.

Herzliche Grüße
Dirk Peglow
BDK-Bundesvorsitzender