700 unbesetzte Ermittler-Stellen - So geht das nicht, Herr Minister!
09.01.2020
Berlin, 09.01.20 - Die absehbar aufgeregte Diskussion um die beabsichtigte Novellierung des Bundespolizeigesetztes (BPolG) beschäftigt derzeit viele Akteure und lähmt einmal mehr den Apparat. Am Ende der langen Abstimmungsprozesse wird einmal mehr ein Kompromiss stehen mit dem weder die Einen noch die Anderen zufrieden sind. Schlimm daran ist, dass die Bundespolizei währenddessen weiterhin mit Befugnissen aus der „guten alten Zeit“ zurechtkommen muss, während neue Kriminalitätsphänomene in immer kürzeren Abständen hochpoppen. Angesichts der Wichtigkeit des Projekts wäre wohl deutlich mehr Engagement des Ministeriums und eine kluge Wegbereitung des Ministers dringend angezeigt gewesen.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, hat es das Ministerium fertiggebracht, die so mühsam aufgebaute Expertise der Bundespolizei im kriminalpolizeilichen Bereich an die Wand zu fahren. Kriminalistische Fortbildung ist seit vielen Jahren Mangelware, eine eigene kriminalistische Ausbildung ist Fehlanzeige, stattdessen wurde ein bindendes Personalentwicklungskonzept auf den Markt geworfen, welches ausschließlich Führungskarrieren, nicht jedoch Fachkarrieren fördert.
Damit geht eine dramatische Überalterung aller Ermittlungsbereiche und ein damit verbundenes Aussterben des Fachwissens einher. In den meisten der 9 (Spezial-) Inspektionen Kriminalitätsbekämpfung (BPOLIKB) sehen sich die örtlichen Führungskräfte genötigt, mit schwindendem und meist unerfahrenem Personal, hochkomplexe, aufwändige und langwierige Umfangsverfahren im OK-/ bzw. OK-Vorfeld-Bereich zu führen. In ihrer Verzweiflung greifen sie dann in die Ermittlungsbereiche der Flächeninspektionen, um sich von dort Personal zu leihen oder um dort Verfahren führen zu lassen.
Aber auch diese Ressourcen sind endlich und angesichts mittlerweile 700 nicht besetzter Stellen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung stellt sich die Frage, wie die Bundespolizei ihre Aufgaben professionell erfüllen soll. Die Kriminalitätsbekämpfung fristet in der Fläche zunehmend ein Schattendasein, während die Ressourcen im Bundespolizeipräsidium in Potsdam gebündelt zur Verfügung stehen und so für erhebliche Sogwirkung sorgen. Befeuert wird dieser Exodus durch das zunehmend eigenständige Agieren der Direktionen und deren eigener Schwerpunktsetzung, bei der die Kriminalitätsbekämpfung zunehmend unter die Räder des täglichen Einsatzgeschehens gerät.
Einst wurde die Kriminalitätsbekämpfung als Filetstück der Bundespolizei bezeichnet, davon ist jedoch nichts festzustellen. Hauptproblem ist das fehlende Bekenntnis zum kriminalistischen Spezialistentum und das Festhalten am „Polizisten für alle Fälle.“
Angesichts der schon bestehenden Aufgabenfülle der Bundespolizei und der durch die Gesetzesnovellierung zu erwartende Aufgabenmehrung ist das nicht nur naiv und rückständig, sondern sogar fatal für die Innere Sicherheit in Deutschland. Es braucht gerade eine professionelle, moderne und vor allem nah an den Sicherheitspartnern von Bund und Ländern agierende Kriminalpolizei der BPOL, um den sicherheitspolitischen Defiziten des Föderalismus zu begegnen.
Der BDK Bundespolizei fordert vom Minister eine sofortige und engagierte Kriminalitätsbekämpfungsoffensive.
Dazu gehören
- die schnellstmögliche Auffüllung der 700 offenen Ermittlerstellen
- ein Sofortprogramm zur Steigerung der Attraktivität der Kriminalitätsbekämpfung, einhergehend mit deren Aufwertung
- ein kriminalistisches Aus- und Fortbildungsinstitut des Bundes
- und ein Personalentwicklungskonzept (PEK) bei dem Führungs- und Fachkarrieren Hand in Hand gehen.