35t Kokain oder die Sache mit der Pflicht und der Kür

21.06.2024

Wie letzte Woche bekannt wurde, gelang dem Zollfahndungsamt Stuttgart und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg ein bisher einzigartiger Ermittlungserfolg im Bereich der organisierten Rauschgiftkriminalität.
35t Kokain oder die Sache mit der Pflicht und der Kür

Unter staatsanwaltlicher Sachleitung der Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW) ermittelten die Kolleginnen und Kollegen über ein Jahr lang und konnten schlussendlich 35 Tonnen Kokain sicherstellen – so viel wie noch nie in Europa.

Welche Bedeutung dieser Fund hat, dazu hat der Landesvorsitzende des BDK Hamburg, Jan Reinecke, den ZDF heute Nachrichten Rede und Antwort gestanden. Konkret sagt er:

„Von der Menge her ist das sicherlich der größte Fund, den wir sicherstellen konnten. Allerdings wird abzuwarten sein, inwieweit es uns gelingt, hier auch die Strukturen und das Geld, das mit solchen Mengen an Rauschgift verdient wird, sicherzustellen.“

Die Menge des sicherstellten Kokains, ist in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter angestiegen. Waren es im Jahr 2016 noch 2 Tonnen, stieg die Menge im Jahr 2020 bereits auf 11 Tonnen und im Jahr 2021 fanden die Ermittlerinnen und Ermittlern 23 Tonnen Kokain. Und diese Mengen sind sicher nur die Spitze des Eisberges. Warum aber ist so ein Anstieg zu verzeichnen? Jan Reinecke dazu:

„Es gibt mehrere Gründe, die diese Entwicklung begründen. Zum einen ist Kokain vorhanden, wie niemals zuvor. Das heißt, die Verfügbarkeit ist weltweit wahnsinnig gestiegen. Dann haben wir in Hamburg das Problem, dass die anderen großen Häfen, Rotterdam und Antwerpen die Sicherheitsmechanismen erhöht und einen Schwerpunkt auf das Thema Einfuhrschmuggel gelegt haben und organisierte Kriminalität fließt halt, wie Wasser, den einfachsten Weg entlang, an dem der geringste Widerstand herrscht. Das ist aktuell im Hamburger Hafen der Fall.“

Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass man in Deutschland Organisierte Kriminalität ernst nimmt und auch wirklich bekämpfen will. Hier fehlt es uns einfach an politischem Willen. In Deutschland gibt es keine Gesetze, wie sie in anderen Ländern vorhanden sind. Hierzu führt Jan Reinecke weiter aus:

„Wir haben kein taugliches Geldwäschegesetz, wir haben keine Möglichkeiten Telekommunikationsdaten vernünftig zu analysieren, weil sie halt in Deutschland nicht gespeichert werden. Wir haben kein Mafia-Gesetz wie den Rico Act in den USA oder das La Torre-Gesetz in Italien und solange wir so etwas nicht haben, bekämpfen wir in Deutschland keine organisierte Kriminalität. Darüber hinaus müssen wir leider feststellen, dass die deutsche Kriminalpolizei nicht einmal mehr in der Lage ist, die grundlegenden Aufgaben der Bekämpfung gemeldeter Straftaten zu bewältigen. In allen Dienststellen stapeln sich die Strafverfahren bis zur Decke. Um jedoch gegen organisierte Kriminalität, einschließlich Rauschgiftkriminalität, vorzugehen, muss die Polizei aktiv ermitteln, da diese Verbrechen selten angezeigt werden. Diese anspruchsvolle Aufgabe ist die Kür kriminalpolizeilicher Arbeit. Wenn wir aber nicht einmal mehr die Pflicht schaffen, gibt es für die Kür keinerlei Ressourcen mehr.“

Den Bericht zu diesem bisher einmaligen Drogenfund inklusive des Gesprächs mit dem Landesvorsitzenden des BDK Hamburg finden Sie über diesen Link bei Youtube.


Foto von Colin Davis auf Unsplash