All das scheint seitens der Politik noch nicht in dem
erforderlichen Umfang zur Kenntnis genommen worden zu sein. Der Beruf
des Kriminalbeamten ist in Nordrhein-Westfalen zu einer ausschließlichen
"Fortbildungsveranstaltung" geworden. Kein junger Nachersatz und eine
deutliche Überalterung mit einem Durchschnittsalter über 50 Jahre prägen
das Bild einer dauerhaft überlasteten Kriminalpolizei. Die hohen
Pensionierungszahlen in den kommenden Jahren entziehen der
Kriminalpolizei erhebliches Fachwissen, das über mehr als 35 Berufsjahre
in der Kripo aufgebaut wurde. Mit diesem Landesdelegiertentag will der
BDK die Politik noch einmal "aufrütteln", Sorge dafür zu tragen, dass
die Kriminalpolizei auch in den nächsten Jahrzehnten den hohen
Ansprüchen gerecht werden kann.
In Anwesenheit von Innenminister
Dr. Ingo Wolf zeigen Kriminalisten aus Köln und Bonn in ihren
Fachvorträgen auf, wie sich die Bearbeitung von Kriminalfällen in den
letzten Jahren gewandelt hat.
Tatortarbeit im Wandel der Zeit
EKHK
Georg Prüfling, Polizeipräsidium Bonn - Erkennungsdienst, führt aus,
mit welchen Arbeitsmitteln die Kripo damals am Tatort auskam und wie
sich heute moderne Tatortarbeit darstellt, um auch kleinste Spuren zu
sichern und Kontaminationen zu verhindern. Er zeigt, wie extrem das
Arbeitsvolumen pro Fall gestiegen ist.
Veränderungen der Jugendkriminalität
KHK Hans Hülsbeck, Polizeipräsidium Köln, KK 57 - Intensivtäterbekämpfung,
zeigt
die Veränderungen der Jugendkriminalität, wie sich unsere Gesellschaft
von der Schulhofrauferei zu "happy slapping" und AMOK-Lagen entwickelt
hat sowie die damit verbundenen veränderten kriminalpolizeilichen
Reaktionen. Auch in diesem Bereich ist das Arbeitsvolumen der
Fallbearbeitung erheblich angestiegen.
Belastungssituation bei der Kriminalpolizei
EKHK Jürgen Hild, Leiter eines "Regionalkommissariats" beim Polizeipräsidium Köln,
wird
die dramatischen Belastungssituationen darstellen, die sich in einem
Flächenkommissariat abspielen, in dem unzählige Strafverfahren von der
Sachbeschädigung an Kraftfahrzeugen, über Fahrrad- und Rollerdiebstahl,
bis zu Körperverletzungsdelikten und Betrug bearbeitet werden. Ein
umständliches Vorgangsbearbeitungssystem, Sonderdienste der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Überalterung und mangelnder Nachwuchs
lassen eine angemessene Bearbeitung der Fälle nicht zu.
Computer-und Internetkriminalität
KHK
Stefan Becker, Polizeipräsidium Bonn, KK 23, beleuchtet das Phänomen
der Computer- und Internetkriminalität sowie die damit verbundenen
aufwendigen und zeitintensiven Ermittlungen eines Kriminalitätsfeldes,
welches sich im Wandel der Zeit erst entwickelt hat und früher nicht
existierte.
"Unsere Praktiker zeigen anhand von Beispielen aus der
täglichen Praxis, dass die Kriminalpolizei unseres Landes einen
erheblichen Bedarf an zusätzlichen Kriminalisten hat, die - das ist eine
Selbstverständlichkeit - von der Pike auf, ihren Beruf erlernt haben
müssen. Die Pensionierungen in den nächsten Jahren führen in einen
Super-GAU der Inneren Sicherheit. Behörden verlieren ganze
Kommissariatsstärken an Mitarbeitern und erhebliche Berufserfahrung,
wenn nicht spätestens jetzt gegengesteuert wird. Der Innenminister ist
aufgefordert, klare Aussagen zur Personalentwicklung zu treffen, darauf
haben unsere Kolleginnen und Kollegen sowie die Führungskräfte der
Kriminalpolizei einen Anspruch", warnte Albishausen gegenüber der Presse
am heutigen Tage.
Die konkreten Kernforderungen aus dem Leitantrag des BDK Nordrhein-Westfalen vom 15.09.2009 lauten:
- Verstärkung der Kriminalpolizei bis 2015 um 2000 Stellen.
- Direkte
Verwendung von mindestens 200 Fachhochschulabsolventen in der
Kriminalpolizei unmittelbar nach ihrer Ausbildung jährlich für 2009 und
2010 - ab 2011 mindestens 400 Absolventen der Fachhochschule.
- Einführung
des Direkteinstieges von Abiturientinnen und Abiturienten in die
Kriminalpolizei ab 2010 und Schaffung eines Auswahlverfahrens, das auf
die Anforderungen des Berufes abstellt.
- Einführung eines eigenen Bachelorstudienganges "Kriminalwissenschaften" an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV).
- Ständige
Evaluierung der Fortbildung für Kriminalistinnen und Kriminalisten
unter Berücksichtigung veränderter Kriminalitätsphänomene und damit
verbundener Beweisanforderungen.
Für Rückfragen: Rüdiger Thust - Mobil 0172-8837250
Rolf Jaeger - Mobil 0175-5211717